Kapitel 3 Wenn man verheiratet ist, tut man auch, was Ehepaare tun
Ina war wie erstarrt, ihr Herz schlug viel zu schnell.
In dem Moment, als Armin sich zu ihr hinabbeugte, um sie zu küssen, zuckte ihr Körper unwillkürlich zusammen.
Er bemerkte ihre Reaktion und hielt inne. In seinen tiefen Augen lag eine deutlich spürbare Beherrschung.
"Was ist? Hast du Angst?" Seine Stimme klang so dunkel und rau wie ein Kontrabass in einer Nachtbar.
Ina hatte sich noch gar nicht richtig gefasst, ihr Kopf war komplett leer. Alles, was sie spürte, war sein heißer Atem auf ihrer Wange, diese Wärme jagte wie ein elektrischer Schlag über ihre Haut und machte jede Nervenbahn hellwach.
Armin strich mit dem Zeigefinger über ihre Nasenspitze, als würde er sich amüsieren. "Nur ein Scherz. Reg dich ab."
Im nächsten Moment wurde der Druck auf ihrem Körper leicht.
Armin war bereits von ihr runter und ging Richtung Bad, um zu duschen.
Ina sah ihm hinterher, atmete leise aus und klopfte sich ans Herz. Ihr Gesicht war trotzdem noch glühend heiß.
Für einen Moment hatte sie gedacht, dass … na ja, dass gleich etwas passierte.
Eigentlich war sie nicht besonders prüde, aber er war schließlich Ottos leiblicher Bruder.
Und Armin war früher immer so ernst mit ihr gewesen. Er war kaum älter als sie, benahm sich aber, als wäre er ein junger alter Mann.
Dieses Gefühl war einfach... komisch.
Vor allem, nachdem vor drei Jahren zwischen ihnen diese peinliche Sache passiert war…
Egal.
Ina schüttelte den Kopf und ließ die Gedanken fallen.
Als Armin aus dem Bad kam, hatte Ina sich innerlich damit abgefunden, mit ihm unter einem Dach zu leben, und ging nun selbst duschen.
Mit Duschen, Hautpflege und Körperlotion brauchte sie ganze anderthalb Stunden.
Sie ging fest davon aus, dass Armin längst schlafen würde.
Doch kaum zog sie die Badezimmertür auf, erklang seine spöttische Stimme: "Will die geehrte Frau Glehn heute Nacht im Bad übernachten?"
Dieser Mann, seine Zunge war immer noch mit Gift getränkt.
Ina war es gewohnt und blieb gelassen. Sie blieb am Fußende des Bettes stehen und fragte vorsichtig: "Wo… soll ich schlafen?"
Armin hob eine Augenbraue, sein Gesicht wie aus Marmor gemeißelt schön. "Ina, wir haben unsere Heiratsurkunde unter legalen und ordnungsgemäßen Bedingungen bekommen, oder?"
"Ja." Ina verstand im ersten Moment nicht, worauf er hinauswollte.
"Also… kennst du irgendein frisch verheiratetes, ganz offiziell verheiratetes Paar, das in getrennten Zimmern schläft?"
Ina blieb die Worte im Hals stecken.
Na gut.
Sie gab den Widerstand auf.
"Komm her."
Armin klopfte neben sich auf die Matratze. Er lehnte halb gegen das Kopfteil, nur in einem dunklen Pyjama, der vorne leicht offenstand und eine elegante Schlüsselbeinlinie freigab. Diese ganz beiläufige, lässige Haltung hatte einen unterschwelligen Reiz, der den ganzen Raum auszufüllen schien.
Ina schluckte. Warum hatte sie das Gefühl, dieser Mann würde sie gerade eindeutig… verführen?
Diesmal gehorchte sie allerdings ohne weiteren Widerspruch.
Kaum lag sie, hörte sie seine tiefe, belustigte Stimme direkt neben ihrem Ohr: "Bett ist für dich schon vorgewärmt, Frau Glehn."
Ina drehte den Kopf, ihr Blick wurde seltsam. Schließlich hielt sie es nicht mehr aus.
"Armin, du hast mich doch schon immer gehasst. Jetzt drängst du mich plötzlich dazu, die Heiratsurkunde zu holen, sag’s doch direkt. Was bezweckst du?"
Armin wirkte amüsiert. "Du meinst, ich hasse dich?"
"Ist das etwa nicht so?" Ina war sich innerlich völlig sicher.
"Dein Kopf…" Armins Stimme zog sich dunkel und gedehnt, während sich seine Lippen leicht hoben. "…funktioniert wohl wirklich nicht besonders."
Wer Otto liebt, kann ja nicht allzu klar bei Verstand sein.
"Was soll das—?"
Das Wort "meinst du" hatte Ina noch nicht ausgesprochen, da zog Armin sie plötzlich in seine Arme, drückte sie fest an sich. Seine Stimme sank rau an ihrem Ohr vorbei und legte sich wie samtiger Rauch über ihren Kopf.
"Sei brav. Schlaf zuerst."
"Wir sind Eheleute. Wir haben genug Zeit, uns kennenzulernen."
Seine Stimme klang erschöpft, der Atem wurde langsam tiefer.
Ina lag fest an ihn gedrückt, spürte seine Körperwärme, hörte seinen Herzschlag, atmete seinen Geruch ein, und ihr eigener Puls wurde immer schneller.
In derselben Nacht.
Luxus-Privatlounge in einem KTV.
Otto saß auf der weichen Ledercouch, die langen Finger tippten unruhig gegen das dunkle Display seines Handys. Sein Blick glitt immer wieder über den stillen Bildschirm, der einfach nicht aufleuchtete.
Die Musik dröhnte, Gläser klirrten, seine Freunde lachten und schrien, aber Otto war mit den Gedanken ganz woanders. Dieses beklemmende Gefühl, als wäre etwas Wichtiges aus der Hand geglitten, drückte ihm wie ein Stein auf die Brust.
Früher, wenn Ina wütend war, meldete sie sich nie länger als ein paar Stunden. Spätestens nach einem halben Tag schrieb sie ihm, entschuldigte sich und versuchte, ihn zu besänftigen.
Heute, wegen der Sache mit der Heiratsurkunde, hatte sie zwar schlimme Dinge gesagt, aber nach ihrer üblichen Art hätte sie längst Kontakt gesucht. Innerhalb von drei Stunden, das war immer ihre Grenze gewesen.
Doch jetzt, mitten in der Nacht, keine einzige Nachricht.
Aha. Sie lernt es wohl langsam.
"Otto, wartest du auf Inas Anruf?"
Yvonne saß neben ihm, der Blick voller Schuldgefühle. "Vielleicht solltest du doch zu Ina gehen. Sie ist bestimmt verletzt, so wie du heute…"
"Es ist alles meine Schuld. Ich hätte heute nicht zurückkommen dürfen. Dann hättet ihr euch nicht wegen mir verspätet, und Ina wäre nicht so wütend geworden. Ich wollte das wirklich nicht…" Yvonne senkte den Kopf, ihre langen Wimpern zitterten, die Stimme bebte schuldbewusst.
Während sie sprach, wurden ihre Augen immer röter. Diese mitleiderregende Art traf genau den Nerv.
Yvonne kannte Otto gut. Sein Stolz war ausgeprägt, und er ertrug weder Tränen noch Kritik an seinen Entscheidungen.
Je mehr sie sich selbst beschuldigte, desto mehr würde er die Beherrschung verlieren.
Und tatsächlich ...
Ottos Stirn legte sich noch tiefer in Falten, eine Welle von Gereiztheit stieg in ihm auf. Ungeduldig knurrte er: "Sie hat eben ihr Prinzessinnen-Temperament. Gib ihr ein bisschen Zeit, sie kommt schon von allein angekrochen. Man muss sich nicht um sie kümmern."
"Und Yvonne, das hier hat nichts mit dir zu tun. Heiratsurkunde kann man jederzeit holen. Du bist nach so langer Zeit wiederzurück, natürlich muss ich dich zuerst willkommen heißen."
Kaum ausgesprochen, stimmten die Freunde ein:
"Stimmt, Yvonne, in den letzten drei Jahren hat Otto dich wirklich vermisst."
"Ganz ehrlich, ohne Ina wärst du damals gar nicht ins Ausland gegangen."
"Ina ist da wirklich überzogen. Wenn sie Drama machen will, ok, aber nicht zu so einem Zeitpunkt. Otto, diesmal musst du ihr Grenzen setzen. Immer nachgeben geht nicht."
Mit jedem Wort löste sich Ottos Restzweifel weiter auf. An dessen Stelle trat ein Selbstverständnis, das sich in Wut verwandelte. Er lachte kalt, in seinen Augen ein scharfer, dunkler Glanz.
"Wenn sie sich diesmal nicht vernünftig bei Yvonne entschuldigt und ihren Fehler eingesteht, werde ich nicht zu ihr zurückkehren."
Yvonne lächelte sofort süß, hakte sich vertraut bei ihm ein und schmiegte sich an seine Schulter.
"Danke, Otto. Du weißt nicht, wie sehr ich Angst hatte, zurückzukommen. Wenn Ina beleidigt ist, müsste ich wohl wieder gehen…"
"Unmöglich. Diesmal lasse ich es nicht so weit kommen. Bleib in der Stadt, ich werde dich beschützen", versprach Otto und legte sein Handy mit einer deutlichen, kalten Bewegung, Display nach unten, auf den Tisch.
Als Yvonne diese Geste sah, wurde ihr Lächeln noch strahlender. In ihren Augen blitzte für einen Moment unverhohlene Genugtuung auf.
"Otto, du bist der Beste. Kein Vergleich zu deinem großen Bruder."
Armin, Armin, immer dieser unausstehliche Gesichtsausdruck, als wäre sie sein persönlicher Feind.
Währenddessen, in der Villa.
Ina spürte Armins ruhigen Atem, und irgendwann fiel auch sie in einen tiefen, ungewohnt friedlichen Schlaf.
Zum ersten Mal seit Langem schlief sie wirklich ruhig.
Am nächsten Morgen.
Kaum schlug sie die Augen auf, traf ihr Blick direkt auf ein Paar tiefer, schöner Mandelaugen.
Der Besitzer dieser Augen, Armin, betrachtete sie ebenfalls, sein Blick dunkel und auf unerwartete Weise weich. "Frau Glehn, gut geschlafen?"
Seine Stimme war tief, magnetisch, mit der morgendlichen Wärme, die gefährlich entspannend wirkte.
Ina nickte. "Ziemlich gut."
Tatsächlich, eng aneinander geschmiegt zu schlafen fühlte sich überraschend… nicht unangenehm an.
Armins Lippen zogen sich leicht nach oben. "Dann scheint mein Ehemann-Dasein dich nicht zu enttäuschen."
Ina runzelte die Stirn.
Was hat das jetzt wieder damit zu tun?
In dem Moment stand Armin schon auf, wandte ihr den Rücken zu und ging ins Bad. "Ich habe gleich ein Morgenmeeting, begleite dich also nicht zum Frühstück."
"Schon gut." Ina reagierte kühl.
Von Otto hatte sie in sieben Jahren Beziehung nie viel erwartet. Warum also jetzt, bei einer Blitzheirat, plötzlich anfangen?
Als Armin aus dem Ankleidezimmer kam, war er bereits makellos gekleidet.
Ina saß am Schminktisch und trug Hautpflege auf, verfolgte sein Spiegelbild mit den Augen.
Der dunkle Anzug unterstrich seine aristokratische Aura. Die markanten Augenbrauen, die ruhige Dominanz seiner Schritte, alles an ihm strahlte natürliche Autorität aus, während er auf sie zuging.
"Kauf dir, was du willst. Den Rest dort brauchst du nicht." Armin blieb neben ihr stehen, legte eine schwarze Karte auf den Tisch. "Frau Glehn."
Ina hob den Kopf. Immer wenn er sie Frau Glehn nannte, klang es, als sei dieser Titel längst in Fleisch und Blut übergegangen, weich, souverän, selbstverständlich.
So korrekt und beherrscht, wie er jetzt wirkte, hätte man glatt glauben können, der Armin von letzter Nacht, sarkastisch, gefährlich, provokant, wäre nur eine Illusion gewesen.
"Mach ich." Ina nahm die Karte ohne Zögern entgegen, und damit auch den Titel Frau Glehn.
Egal, welchen Bruder sie geheiratet hatte, sie war jetzt Frau Glehn.
Der Unterschied?
Ihr Ex-Freund war nun ihr… Schwager.
Allein der Gedanke ließ sie zufrieden die Lippen heben.
Armin beobachtete, wie sie ins Grübeln fiel. Plötzlich beugte er sich zu ihr hinunter, seine Lippen streiften fast ihr Ohr, die Stimme tief und lasziv:
"Frau Glehn, gewöhn dich besser schnell daran. Die Art Ehe, die ich will, umfasst auch alles, was Eheleute eben so tun."
Ina lief augenblicklich knallrot an, bis hoch zu den Ohren.
