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Kapitel 6

Mitten in der Nacht wurde Aria von einem tiefen, kehligem Knurren aus dem Schlaf gerissen. Instinktiv griff sie nach dem Alpha neben ihr – doch ihre Arme fanden nur kalte Leere.

Sie setzte sich auf, stand auf und ging die Treppe hinunter. Kaum hatte sie den zweiten Stock erreicht, drangen leise, unterdrückte Laute an ihr Ohr. Ihre Schritte stockten. Mit zusammengebissenen Zähnen unterdrückte sie das brennende Stechen in ihrer Brust und ging auf die offenstehende Tür des Gästezimmers zu.

Die Tür stand weit offen. Im Mondlicht waren zwei ineinander verschlungene Körper klar zu sehen.

Kane stand mit dem Rücken zum Licht, sein Oberkörper nackt, die Muskeln angespannt. Die Julia trug ein schulterfreies Meerjungfrauenkleid; der bodenlange Stoff war bis zur Taille hochgeschoben. Ihre hellen, schmalen Beine waren fest um Kanes Hüften geschlungen.

Julias Gesicht war gerötet, die Wangen glühten. Sie klammerte sich an Kanes Nacken, ihre Stimme abgehackt und atemlos.

"Kane… das Kleid… das ich heute bekommen hab… du hast es ruiniert."

Kane lachte leise, seine Stimme rau, während er ihr ins Ohr flüsterte.

"Hast du das Kleid nicht nur gekauft, um mir zu gefallen?"

"Ich hab dir sogar ein maßgeschneidertes Set machen lassen, damit es zu mir passt. Da ist es wohl dein Job, mir heute Abend meinen Wunsch zu erfüllen, oder?"

Julia klammerte sich fester an ihn. Ihre Stimme war heiser und vibrierte vor Überforderung.

"Alpha… bitte… ich kann nicht mehr…"

Sie legte den Kopf in den Nacken, nach Luft ringend.

"Was, wenn Aria uns sieht…"

Kane erstarrte eine Sekunde, dann wurde sein Blick eiskalt.

"Sie ist nichts weiter als eine nutzlose Idiotin. Sie würde gar nichts erkennen. Und wag es nicht, ihr irgendwas zu sagen."

Julia schmollte und fuhr mit einem Finger spielerisch über seine Brust.

"Ich weiß… nur… wenn ich daran denke, dass sie bald deine Gefährtin wird, während ich dein Geheimnis bleiben soll… macht mich das traurig."

Bei dieser weichen Beschwerde löste sich etwas in Kanes Gesicht, seine Härte wurde etwas milder.

"Eifersüchtiges kleines Mädchen… Ich hab dich doch schon nach Hause gebracht. Reicht dir das nicht?"

"Beruhig dich. Auch nach der Gefährtenbindung lass ich dich nicht im Stich. Was Aria hat, wirst du auch haben."

Draußen vor dem Fenster fiel Mondlicht auf Arias bleiches Gesicht. Sie presste die Hand fest über ihren Mund; ihre Tränen verschwammen bereits die Sicht.

Die animalischen Laute aus dem Zimmer schnitten wie Klingen in ihr Herz, hinterließen tiefe, endlose Wunden.

Barfuß rannte sie in den Regen hinaus. Der kalte Schauer durchnässte sie sofort, doch ihr einziger Wunsch war es, so weit wie möglich wegzulaufen.

In ihrem benebelten Zustand glaubte sie, den jüngeren Kane zu sehen, wie er sie mit jener alten, unerschütterlichen Aufrichtigkeit ansah.

"Kleiner Wolf, geh. Geh weg von dem, der dich nicht mehr liebt. Verzeih ihm nie."

Mit tränennassen Augen blickte sie in die Ferne – dorthin, wo der Alpha stand, den sie einst aus tiefstem Herzen geliebt hatte.

"Gut", flüsterte sie. "Ich werde gehen. Und ich werde dir niemals vergeben."

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