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Kapitel 2. Ein überraschender Anruf

Eines Morgens legte ich mich wieder auf mein Bett.

Es war Sonntag, ein Tag, den ich normalerweise für Besuche, eine kurze Ruhepause zu Hause oder ein Glas Bier mit Freunden und Bekannten reservierte. Sonntag war für mich nie ein leerer Tag; er hatte immer diese besondere Farbe des Wiedersehens, der leichten Gespräche, der Vertraulichkeiten, die an einem einfachen Tisch ausgetauscht wurden, manchmal auf einer Terrasse, wo man das Leben langsam vorbeiziehen spürte.

Aber dieses Mal, an diesem Tag, hatte ich kein Programm in meinem Notizbuch stehen. Keine Verabredung. Kein Versprechen, das ich einlösen musste. Nicht einmal ein dringendes Bedürfnis, auszugehen.

Es war einer dieser seltenen Sonntage, an denen das Leben selbst mir eine Auszeit zu gewähren schien, eine wohlwollende Leere, in der ich mich endlich ausbreiten konnte, ohne Dringlichkeit, ohne Plan, ohne eine Rolle zu spielen.

Aus diesem Grund zögerte ich es hinaus, das Bett zu verlassen.

Ich fühlte mich in einen sanften Schlummer gehüllt, zwischen Wachen und Schlafen, diesem schwebenden Moment, in dem man sein eigenes Herz schlagen hört und die Außenwelt noch weit weg, fast unwirklich erscheint. Ich schaute träge auf die Wanduhr, die in meinem Zimmer hing. Sie zeigte acht Uhr an. Nicht zu spät für diejenigen, die Action mögen, aber schon ziemlich weit fortgeschritten für diejenigen, die wie ich an diesem Morgen beschlossen hatten, das Nichts zu genießen.

Ich streckte mich ausgiebig, ließ meine Arme über meinen Kopf wandern und genoss jeden Schauer, der durch meine Muskeln lief.

Mein Blick schweifte kurz zur Decke und dann an den vertrauten Wänden meines Zimmers entlang: die etwas abgeblätterte Farbe am Fenster, das verblasste Landschaftsbild, das ich aufgehängt hatte, ohne groß darüber nachzudenken, die Stapel von Büchern auf dem Nachttisch, die geduldig darauf warteten, dass ich ihnen ein paar Stunden widmete.

Wenn ich wirklich aufwachen müsste, dann vielleicht, um in einem dieser vergessenen Bücher zu blättern. Oder vielleicht, um träge durch den Fernseher zu zappen und nach etwas zu suchen, das meinen noch schläfrigen Geist nicht zu sehr anstrengen würde.

Doch im Moment war weder das eine noch das andere wirklich attraktiv für mich. Ich wollte einfach nur dasitzen, der Stille meines Hauses lauschen, das leichte Gewicht der Decke auf meinem Körper spüren und langsam die warme Morgenluft einatmen, die durch das halb geöffnete Fenster hereinströmte.

Es war seltsam, dieses Gefühl, gleichzeitig so lebendig und so unbeweglich zu sein, wie eine Pause, die dem gewöhnlichen Tumult meiner Gedanken aufgezwungen wurde. Auf der Straße waren bereits einige Geräusche zu hören: ein Straßenverkäufer, der seinen Wagen schob, Kinder, die einem Luftballon hinterherjagten, und der stöhnende Motor eines alten Motorrads.

Aber nichts davon konnte die friedliche Blase stören, in die ich mich geflüchtet hatte. Ich dachte über mein Leben nach, ohne Nostalgie, ohne Bedauern, so wie man eine ferne Landschaft betrachtet und sich sagt, dass der Weg, den man zurückgelegt hat, mit all seinen Umwegen und Hindernissen, vielleicht doch einen Sinn gehabt hat.

Ich dachte an die Entscheidungen, die ich getroffen hatte, vor allem an die Entscheidung, die mich dazu gebracht hatte, heiraten zu wollen. Ich fragte mich, ob irgendwo in diesem Moment eine Frau so sanft aufwachte wie ich, die noch nicht wusste, dass sich unsere Wege vielleicht bald kreuzen würden.

Ich lächelte bei diesem Gedanken, der so schwer zu fassen war wie ein Traum, aber so tröstlich wie ein Omen.

Der Tag versprach, unspektakulär und anspruchslos zu werden. Aber tief in meinem Inneren spürte ich wie ein leises Vibrieren, einen dumpfen Ruf nach etwas Neuem, Unerwartetem. Ich wusste nicht, woher es kam oder was es bedeutete. Ich wusste nur, dass dieser Sonntag nicht wie jeder andere war. Und dass ich nur warten, zuhören und mich treiben lassen musste. Vielleicht ist es gerade in diesen Momenten der Leere, in diesen Momenten, in denen man nichts nachjagt, dass das Leben endlich beschließt, uns zu überraschen.

In diesem Moment, als der Schlaf versuchte, mich wieder zu übermannen, klingelte mein Telefon.

Das leise Surren auf dem Nachttisch durchbrach die schwebende Ruhe, in die ich mich hatte gleiten lassen.

Ich streckte ohne große Eile die Hand aus, meine Augenlider waren noch schwer, und ich schaute auf das beleuchtete Display.

Es war Valentine, meine Mutter.

Ein sofortiges, fast kindliches Lächeln umspielte meine Lippen.

Meine Mutter.

Sie hatte die einzigartige Gabe, immer im richtigen Moment zu kommen, als ob ein unsichtbarer Faden sie aus der Ferne darauf aufmerksam machte, dass ich eine vertraute Stimme und eine liebevolle Präsenz brauchte.

Ich war ihr einziger Sohn und seit jeher umgab sie mich mit einer unauffälligen, aber stetigen Aufmerksamkeit, wie ein stiller Leuchtturm, der auch dann wacht, wenn der Reisende glaubt, allein unterwegs zu sein.

Ich nahm den Hörer ab.

- Hallo, Mama?

Ihre Stimme brach aus dem Hörer hervor, lebhaft und warm wie eine Morgenbrise:

- Mein Sohn! Wie geht es dir? Hast du wieder geschlafen?

In seinem Tonfall lag diese neckische Zuneigung, diese Mischung aus Zuvorkommenheit und Schalk, die mir das Herz erwärmte.

Ich antwortete mit einem leisen Lachen:

- Ich war gerade dabei, unterzugehen, aber das ist nicht schlimm. Deine Stimme ist es wert, ein bisschen Schlaf zu verlieren.

Sie lachte ihrerseits, dieses helle Lachen, das meine Kindheit eingelullt hatte, dieses Lachen, das so vielen Prüfungen, Mühen und Einsamkeiten standgehalten hatte.

Nach einigen ausgetauschten Neuigkeiten, einigen Worten über die Gesundheit, das Wetter, Banalitäten, die von einer wesentlichen Zärtlichkeit erfüllt waren, warf sie plötzlich in einem schelmischen Tonfall ein:

- Sag mal, wenn du heute nicht zu viel zu tun hast, könntest du vielleicht mal vorbeikommen und mich besuchen?

- Natürlich, Mama", antwortete ich ohne zu zögern.

- Ich habe eine Überraschung für dich", fügte sie hinzu und lachte noch mehr.

Ach, die Überraschungen meiner Mutter!

Das war Teil unseres kleinen Spiels, ein Ritual zwischen uns.

Sie liebte es, unsere Treffen mit kleinen Rätseln und unerwarteten Gesten zu untermalen: ein Kuchen, der extra für mich gebacken wurde, ein altes Heft, das in einem Schrank versteckt war, eine Kindheitserinnerung, die wie ein Schatz hervorgeholt wurde...

Manchmal war es sogar nur ein Lächeln oder ein gesummtes Lied, aber für mich war es immer ein Fest. Ich konnte mich seinem Ruf nicht verweigern. Nicht nur, weil ich an diesem Tag kein Programm hatte; nein, es war tiefer, viszeraler.

Es lag daran, dass Valentine, meine Mutter, der einzige Mensch auf der Welt war, für den ich jeden Plan und jeden Ehrgeiz aufgegeben hätte. Ihr Glück war im Laufe der Jahre zu meinem geheimen Heiligtum geworden, dem unsichtbaren Maßstab meines eigenen Gleichgewichts.

Wenn es ihr gut ging, wenn sie lachte, wenn ihre Augen vor schlichter Freude strahlten, war es, als würde die ganze Schwere der Welt von mir abfallen und mein Herz wieder leicht werden.

Ich wusste, was sie für mich durchgemacht hatte. Ich kannte ihre schlaflosen Nächte, ihre stillen Opfer, ihre in der Dunkelheit gemurmelten Gebete. Ich kannte ihre verschwiegenen Schmerzen, ihre Träume, die sie aufgab, damit ich meine eigenen Träume bauen konnte.

Jede Falte in seinem Gesicht erzählte eine Geschichte der Hingabe. Und auch wenn die Zeit uns heute endlich ein paar Süßigkeiten zu gönnen schien, trug ich wie eine Liebesschuld das Bedürfnis in mir, auf sie aufzupassen, so wie sie auf mich aufgepasst hatte.

Ich richtete mich langsam auf meinem Bett auf und wischte die letzten Reste meines Schlafes mit einem Handrücken beiseite. Ich streckte mich kurz und stieg dann, ohne mich zu sehr zu beeilen, aus dem Bett. Ich wählte meine Kleidung sorgfältig aus - nicht für einen besonderen Anlass, sondern weil ein Besuch bei meiner Mutter immer ein Mindestmaß an Würde und Eleganz verdiente.

Ich nahm eine schnelle Dusche und genoss das warme Wasser auf meiner Haut, wie eine diskrete Taufe für einen Tag, von dem ich bereits ahnte, dass er anders werden würde. Bevor ich nach draußen ging, schaute ich mich noch einmal in meinem Zimmer um. Alles war an seinem Platz, friedlich.

Ich nahm mein Handy und meine Schlüssel und als ich die Tür hinter mir schloss, überkam mich eine seltsame Aufregung, wie eine glückliche Vorahnung.

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