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Kapitel 4

Ihr Lächeln gefror augenblicklich.

Ohne ihre Antwort abzuwarten, drehte ich mich um und ging nach oben. Ich riss den Kleiderschrank auf und schleuderte den Koffer mit einem dumpfen Schlag auf den Boden.

Das Geräusch des Reißverschlusses klang wie ein endgültiger Schlussstrich unter diese Ehe.

Fünf Jahre voller Geduld, Zurückhaltung und Kompromisse endeten in genau diesem Moment.

Ich zog meine Sachen heraus – die Hälfte des Schranks war plötzlich leer.

All die Kleidung, die ich nur für ihn getragen hatte, blieb zurück.

Ich nahm nur das mit, was wirklich mir gehörte.

Als ich die Schmuckschatulle öffnete, stockte mein Atem.

Das Achatarmband meiner Mutter – war weg.

Das Einzige, was sie mir vor ihrem Tod hinterlassen hatte.

Ich wühlte den ganzen Schrank durch. Nichts.

Ich rannte nach unten.

Im Wohnzimmer saß Vera immer noch aufrecht und selbstzufrieden auf dem Sofa, Simon neben ihr.

Sein Arm lag über der Sofalehne hinter ihr, und sie redeten vertraut miteinander, als wären sie ein Paar.

Vera hob die Hand, und genau in diesem Moment fiel ein Sonnenstrahl auf ihr Handgelenk.

Der Schmuck glitzerte dort – mein Armband, das an ihrer schmalen Hand funkelte.

Mein Atem stockte.

„Nimm es ab.“ Meine Stimme war so kalt, dass sie selbst mich frösteln ließ.

Sie zuckte zusammen und sagte leise:

„Das ist ein Geschenk von Simon. Es hat nichts mit dir zu tun.“

Ihre Stimme war sanft, doch in ihren Augen blitzte offene Provokation.

Ich ging Schritt für Schritt auf sie zu, jede Faser in mir angespannt:

„Das ist ein Andenken meiner Mutter.“

Sie senkte den Kopf wie ein schuldbewusstes Kind, aber ihre Finger krallten sich noch fester um das Armband.

„Aber… Simon hat es mir gegeben. Er sagte, er wolle mich glücklich machen.“

Ihre Stimme brach in ein weinerliches Schluchzen.

„Du lügst! Das Armband hat einen Riss, ein einzigartiges Zeichen. Das ist meiner Mutter Armband! Du bist nichts weiter als eine Diebin!“

Ich stürzte auf sie zu.

Doch Simon hielt mich zurück, packte mich fest:

„Beruhige dich, Jolene. Vielleicht ist das ein Missverständnis?“

Er hatte nicht erwartet, dass ich so außer mir sein würde, und versuchte, mich zu beschwichtigen.

Dann wandte er sich an Vera:

„Vera, nimm das Armband ab und zeig es ihr.“

„Aber… sie hat mich eine Diebin genannt. Das hast du mir doch geschenkt.“

Vera weinte weiter, jede Träne sorgfältig platziert.

Simon stand hilflos zwischen uns und versuchte, uns gleichzeitig zu beruhigen:

„Jolene, ich kauf dir so viele Armbänder, wie du willst. So ein Armband kostet nicht viel.

Vera, ich kauf dir später zehn neue…“

Ich lachte bitter.

Er verstand überhaupt nicht, dass es nicht ums Geld ging.

Es ging um das Einzige, was von meiner Mutter geblieben war, nun beschmutzt von der Frau, die ich am meisten verachtete.

Vera schluchzte und nahm das Armband schließlich ab:

„Na gut… wenn du es unbedingt sehen willst… bitte.“

Ich streckte die Hand aus - doch im selben Augenblick öffnete sich Veras Hand, und das Armband rutschte zu Boden.

Ein klirrendes Geräusch.

Der Stein splitterte in mehrere Stücke.

Alles erstarrte.

Mein Atem, mein Herz, meine Gedanken.

Ein so scharfer Schmerz fuhr durch meine Brust, dass ich glaubte, sogar meine Rippen würden brechen.

Ich sah zu Vera hinauf.

Sie lächelte zufrieden.

Es war Absicht gewesen.

Ich riss mich aus Simons Griff und schlug Vera mit voller Kraft ins Gesicht.

Sie war völlig schockiert, als hätte sie nie erwartet, dass ich tatsächlich ausholen würde.

Sie hielt sich die Wange, keuchte entsetzt.

Im nächsten Moment traf mich Simons Hand.

Meine Wange brannte sofort höllisch.

Simon fauchte:

„Wie kannst du Vera wegen eines kaputten Armbands schlagen? Dieser Müll ist doch nicht wichtiger als sie und mein Kind!“

Mein Kind.

Nicht „das Kind meines Bruders“.

Er hatte es zugegeben.

Mein Herz raste, während ich diesen Mann anstarrte, der plötzlich wie ein Fremder wirkte.

Fünf Jahre Ehe und ich hatte ihn nicht einmal gekannt.

Ich bückte mich langsam und hob die Bruchstücke des Armbands vom Boden auf.

„Sehr gut, Simon. Damit ist alles gesagt.“

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