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Kapitel 2

Ich ballte meine Fäuste so fest, dass sich meine Fingernägel tief in mein Fleisch bohrten, aber ich spürte keinen Schmerz.

Ich wusste, sie sagte die Wahrheit.

Ich war nicht mehr die hohe und mächtige Frau der Familie Carr.

Ich war nur noch eine Frau, die von ihrem Mann verlassen und dem Mob überlassen worden war.

Verzweifelt schloss ich die Augen, während mir zwei Tränen in die Augenwinkel liefen.

Dann beugte ich langsam meine Knie unter Sallys schockiertem Blick.

In dem Moment, als ihr Knie den kalten Boden berührte, öffnete sich die Tür.

Franks große Gestalt erschien in der Tür.

Für einen Moment war er fassungslos.

Seine Augen wanderten zwischen Sally und mir hin und her, bis sie sich mit einem undurchdringlichen Blick auf mich richteten.

"Ruth, es sieht so aus, als hättest du deine Lektion im Ausland gelernt."

Er stieß ein kaltes Lachen aus, die Emotion in seinem Tonfall war unhörbar.

Das Wort "Ausland" versetzte mir einen Stich wie eine Nadel.

Mein Körper zitterte instinktiv.

Diese Tage und Nächte in Leafshire kamen wie eine Flutwelle.

Erinnerungen zogen mich zurück in diesen dunklen Abgrund.

Nicht genug zu essen, keine Kleidung, auf der Straße schlafen, das war die Norm.

Ich musste sogar mit wilden Hunden um ein Stück verschimmeltes Brot kämpfen.

Ohne Sprache und ohne Familie war ich wie eine Bettlerin am Rande von Leben und Tod.

Noch schrecklicher waren die ahnungslosen Blicke.

Sie waren wie wilde Tiere, die Blut witterten und mich in Stücke reißen wollten.

Nie würde ich die Nacht vergessen, in der ich von einer Gruppe Flüchtlinge umringt wurde.

Schmutzige Hände zerrten an meinen Kleidern, ich wehrte mich verzweifelt, aber vergeblich.

In meiner Verzweiflung berührte ich eine Glasscherbe am Boden.

Ich schnitt mir das Handgelenk auf.

Sofort strömte Blut über meinen Arm.

"Kommt nicht näher! Wenn ihr noch näher kommt, bringe ich mich um!", schrie ich aus Leibeskräften, meine Stimme heiser vor Verzweiflung.

Vielleicht durch meine Entschlossenheit eingeschüchtert, wichen sie schließlich zurück.

Ich kam mit dem Leben davon.

Aber die Narbe an meinem Handgelenk blieb für immer.

Wie ein Tausendfüßler, hässlich.

Eine ständige Erinnerung an diese unbarmherzige Vergangenheit.

Und das alles dank ihm!

Ich hob den Kopf und sah ihn direkt an, der Hass in meinen Augen verzehrte ihn fast.

"Ruth, was ist das für ein Blick in deinen Augen? Weißt du nicht, wie man sich benimmt?"

Frank sah den empörten Blick in meinen Augen und sein Tonfall wurde plötzlich kalt wie eine gefrorene Klinge.

"Wenn du es nicht weißt, dann verlass sofort das Land! Bist du hierher zurückgekommen, um zu sterben?"

warnte er streng.

Sofort war mir die Luft ausgegangen, wie bei einem angestochenen Luftballon.

All die Wut und der Hass verwandelten sich in Ohnmacht.

Ich fiel auf den kalten Boden und machte vor Sally einen Kotau nach dem anderen.

Was einmal Stolz und Selbstachtung gewesen war, war nun zu Staub zerfallen.

"Ich habe mich geirrt, ich habe mich geirrt, es tut mir leid, bitte schick mich nicht wieder ins Ausland ...", flehte ich unzusammenhängend, meine Stimme bebte mit einem schweren, nasalen Klang.

Sally nahm Franks Arm, schmollte und sah mich herablassend an.

Es war, als schaue man auf eine niedere Maulwurfsgrille.

Scharlachrotes Blut quoll mir aus der Stirn und besudelte den Boden.

Wie eine dämonische Blume stach es mir in die Augen.

Es war, als sähe ich dieselbe Hartnäckigkeit, die ihn vor sechs Monaten davon abgehalten hatte, mich wegzuschicken.

In diesem Moment sagte er: "Ich will nur, dass du dich beruhigst und darüber nachdenkst, was du falsch gemacht hast."

"Du bist so eifersüchtig, und vergiss nicht, dass die Familie Carr pleite ist und deine Eltern sich in den Tod gestürzt haben. Du bist nicht mehr die junge Dame einer reichen Familie!"

Jetzt sagte er: "Ruth, erkenne deinen Platz in der Zukunft und stelle keine Fragen, die du nicht stellen solltest, sonst schickt man dich das nächste Mal nicht nach Übersee."

Ich nickte verblüfft, gefühllos gegenüber seinem Urteil.

Wie eine Marionette an Fäden, der Gnade der anderen ausgeliefert.

Ich sah zu, wie die beiden in das Zimmer gingen, das einmal meins war.

Wie eine scharfe Klinge zerrissen ihre Rücken den Rest meiner Würde in Fetzen.

Einst war es unser Liebesnest, jetzt war es meine schmerzliche Erinnerung.

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