Kapitel 5
Ich unterhielt mich noch eine Weile mit Ada. Sie ging kurz weg, um einen Anruf anzunehmen, und ich ging zur Toilette, wo ich unerwartet Fiona traf – Norbert hatte sie beruhigt. Sie stand vor dem Spiegel und frischte ihr Make-up auf. Das kalte, weiße Licht von oben umspielte uns beide. Ohne Norbert in der Nähe ließ Fiona ihre zerbrechliche Fassade fallen. Wütend stellte sie mich zur Rede: "Elena, hast du Ada etwa dazu angestiftet, mich so zu demütigen? War das wirklich nötig?" Ihre Augen fixierten mich, voller Trotz. "Aber ich verstehe schon. Norbert lässt sich von dir scheiden. Du bist eifersüchtig. Du hasst mich, nicht wahr?"
Meine Stimme war eiskalt. "Worauf sollte ich eifersüchtig sein? Darauf, dass du jung bist und dich entschieden hast, eine Ehe zu zerstören? Oder darauf, dass du dir den Mann angelst, den ich nicht mehr will?"
Fionas Augen weiteten sich, Wut blitzte darin auf. "Hör auf, so zu tun, Elena! Norbert liebt dich nicht mehr, er liebt mich. Egal, wie sehr du es ihm übel nimmst, daran kannst du nichts ändern. Mich zu mobben, wird ihn nur noch mehr verachten lassen. Wie erbärmlich."
Ich sah ihr unerschrocken in die Augen. "Wenn wir uns scheiden lassen, ist Norbert der Schuldige. Ich werde dafür sorgen, dass er mittellos dasteht. Dann habe ich das Haus, das Geld und meine Tochter. Klingt doch super, was ist daran erbärmlich?"
Ich lachte leise und spöttisch. "Aber du? Eine junge Frau in ihren Zwanzigern, die sich um Norberts gelähmte Mutter kümmern, ihre Scherben zusammenkehren und sich nebenbei noch mit seiner anspruchsvollen Schwester herumschlagen muss? Das ist wirklich erbärmlich."
Ein Anflug von Panik huschte über Fionas Gesicht, doch sie fasste sich schnell wieder und beharrte: "Träum weiter, Elena. Du hast seit Jahren nicht mehr gearbeitet. Das ganze Geld in diesem Haus hat Norbert allein verdient. Warum solltest du auch nur einen Finger rühren? Du wirst weder Norbert noch sein Geld anrühren."
Da war es also. Ihr ging es nur darum, was mit Norberts Geld passieren würde. Ich fragte mich, wie sie reagieren würde, wenn er tatsächlich mittellos wäre. Das Ergebnis stand fest. Ich hatte keine Lust, noch mehr Zeit mit ihr zu verschwenden, und drehte mich um, um die Toilette zu verlassen.
Im Flur stieß ich mit Norbert zusammen. Er fing sofort an, mich zu beschuldigen. "Elena, warum hast du Ada gesagt, sie solle Fiona ins Visier nehmen? Ich hätte nie gedacht, dass du so bösartig sein kannst. Ich habe Fiona nur mitgebracht, weil du der Scheidung zugestimmt hast. Ich bin derjenige, der dich betrogen hat. Ich bin derjenige, der dir Unrecht getan hat. Wenn du wütend bist, lass es an mir aus. Fiona ist doch nur ein junges Mädchen, wie soll sie es verkraften, von dir und Ada so gedemütigt zu werden?"
Ich starrte Norbert an, ein kaltes Lächeln auf den Lippen. "Mir war auch nie bewusst, dass du so dumm bist."
In diesem Moment kam Fiona aus der Toilette. Als sie Norbert erblickte, warf sie sich ihm wie ein aufgescheuchtes Kitz in die Arme. Zwei Tränen hingen zitternd an ihren Wimpern – ein Bild von ergreifender Anmut. Mit sanften Worten und dem Anschein von Überlegenheit sagte sie: "Norbert, es ist okay, wenn ich ein bisschen verletzt bin. Bitte, mach es Elena wegen mir nicht so schwer. Ich flehe dich an."
Norbert streckte die Hand aus, um ihr die Tränen abzuwischen, seine Stimme wurde sanfter. "Du stellst dich immer hintenan und denkst nur an mich. Ich lasse dich das nicht länger allein ertragen."
Fiona senkte den Kopf. Tränen rannen ihr über die Wangen und tropften auf Norberts Hemd; jeder Tropfen schien ein Loch in sein Herz zu brennen. "Wenn ich dich das sagen höre … könnte ich ohne Reue sterben."
Mir wurde schon nach einer Sekunde, die ich dieser Vorstellung noch länger zusehen musste, übel. Wortlos wandte ich mich ab. SMS an Ada: "Tut mir leid, dass ich deine Geburtstagsparty heute Abend ruiniert habe. Lass uns bald zu den heißen Quellen fahren."
Als ich aus dem Restaurant trat, wehte mir der Nachtwind ins Gesicht. Ich blickte zum Himmel auf. Die Sterne waren spärlich, das Mondlicht schwach. Ich konnte es kaum erwarten, Norberts Gesichtsausdruck zu sehen, wenn er alles verlor.
Fiona, du kannst noch so sehr davon träumen, eine reiche Ehefrau zu sein. Aber es wird niemals passieren.
