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Kapitel 1 - Seite 2

Ich wurde blass, wie niemals zuvor. „Was redest du da, Mum? Was geht hier vor sich?!” Sie legte mir noch ihre Federkette um den Hals und flüsterte mir zu: „Bitte pass darauf auf und beschütze sie mit deinem Leben.” Tränen bildeten sich in meinen Augen. ,,Was … Mum?” Ich verstand die Welt nicht mehr. Meine Mutter schloss die Augen und lehnte dann nur noch an mich, sofort prüfte ich ihren Puls. Doch dieser schlug nicht mehr. Ein schmerzverzerrter Schrei verließ meinen Mund, während meine Seele entzweibrach. Heulend saß ich da, in den Armen meiner Mutter. Für so lange Zeit, denn ich wusste nicht, was ich machen sollte. Plötzlich roch es verbrannt und ich entdeckte ein Feuer in der Küche, doch statt irgendwas zu unternehmen, saß ich wie versteinert da und konnte meinen Körper nicht bewegen. Ich hatte tierische Angst und hielt meine Mutter fest in meinen Armen.

Wollte ich wirklich so enden? Wollte ich einfach alles so schnell aufgeben, nur, um bei meinen Eltern sein zu können. Das hätte sich meine Mutter wohl niemals für mich gewünscht, sie hätte gewollt, dass ich ein glückliches Leben führte und irgendwann meine große Liebe fand, mit der ich mich dann verbinden würde. Gut, dann wollte ich mal nicht so sein. Ich versuchte mich aus meiner Schockstarre zu lösen, sodass ich vor dem nahenden Feuer fliehen konnte. Doch es funktionierte einfach nicht. Immer mehr stieg die Panik in mir hoch, dass ich womöglich doch hier sterben würde. „Tyler!” Eine vertraute und zarte Stimme holte mich aus meinen Gedanken heraus. Als ich mich umdrehte, griff eine Hand nach mir und …

Schreiend und völlig verschwitzt wachte ich auf und sah mich schwer atmend um. Mein ganzer Körper zitterte extrem stark, meine Arme schlang ich um meinen Körper. Ich war in meiner eigenen Schockstarre gefangen. „Tyler!” ertönte es erneut, wieder diese vertraute und zarte Stimme, die mich aus meinen Gedanken brachte. Meine Augenlider brauchten eine Weile, bis sie sich an das helle Licht gewöhnten und ich wieder normal durch das Zimmer sehen konnte. Erst jetzt sah ich meinen Chef vor mir sitzen, der mich nur besorgt ansah. „Tyler, bist du wieder zu dir gekommen?“, fragte er mich und wollte mit seiner Hand meinen Unterarm berühren, doch ich zuckte zurück und zog meine Beine sehr nah an mich heran. „Tut mir leid. Ich hatte es kurz vergessen, dass du Berührungen nicht leiden kannst.” Ich nuschelte nur ein leises „Schon gut” hervor und sah runter auf meine Hände, die sich endlich beruhigt hatten. Mein Körper zitterte nicht mehr allzu schlimm. „Du solltest duschen gehen, komm danach doch einfach hoch und iss mit mir zu Frühstück. Da kannst du mir dann erzählen, was du geträumt hast, aber nur, wenn du das auch möchtest.” Ich sah ihn an und nickte nur leicht, er lächelte und stand langsam auf und bewegte sich Richtung Tür. Ich wartete so lange, bis er wirklich verschwunden war. Als dies der Fall war, atmete ich noch einmal ein und wieder aus. Die kleine Unterkunft, die mir gegeben wurde, lag in einem tiefen, wunderschönen Wald. Es war ein kleiner, alter Club, der den Namen „Artikou“ trug. Ich wusste noch ganz genau, wie ich hierher gekommen war. Es war letztes Jahr im August, an meinem 17. Geburtstag, den ich wie all meine Geburtstage im Kinderheim verbrachte. Doch dieses Mal hatte ich unterwegs sein wollen, also war ich mit meinen Freunden raus gegangen, während wir über viele Dinge sprachen, unteranderem, dass ich bald eine Unterkunft brauchte. Schließlich war es damals nur noch ein Jahr, bevor ich achtzehn wurde, weshalb das Kinderheim beschloss, mich nicht mehr lange zu behalten. Meine Freunde hatten sich wohl etwas überlegt gehabt und informierten mich an diesem Tag über den Club. Ich dachte mir, lieber dort hinzugehen, als nach meinem 18. Geburtstag wieder auf der Straße zu leben, weshalb ich mich entschied, dort hinzugehen. Und tatsächlich wurde ich auch von Max, dem Inhaber des Clubs, aufgenommen. Nun arbeitete ich sogar als Barkeeper, was mir bisher Spaß machte. Sogar ein kleines Reich hatte ich für mich bekommen, sowie ein eigenes Badezimmer. Mein Bett war aus einem schönen gemaserten Holz angefertigt, was nach frischem Holz roch. Dazu einen kleinen, weißen Kleiderschrank, einen schwarzen Schreibtisch mit einigen Zeichnungen und Büchern, und ein schöner Ganzkörperspiegel. Das Badezimmer war hingegen nicht ganz so alt und hatte noch ein wenig Leben in sich. Der Boden war aus Eiche und glänzte wunderschön. Max ermöglichte mir wirklich einiges, aus dem einfachen Grund, dass ich mich wohlfühlte. Auch wenn ich meine Eltern noch immer so schrecklich vermisste und so gerne wissen würde, was damals passiert war …

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