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Werewolfes 1: Der Kampf um Mirellia

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Nina Jani
31
Kapitel
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9.0
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Zusammenfassung

Ly's Eltern hatten einen tödlichen Autounfall. Notgedrungen muss sie nach Kanada zu ihrem Onkel Luke und dessen Adoptivsohn ziehen, wo sie schließlich an ihrem siebzehnten Geburtstag erfährt, dass ihre Eltern ihr eine wichtige Sache verschwiegen haben: Ly ist, wie sie selbst, kein Mensch, sondern eine Naturgewandte wie ihre Mutter, die einst Königin eines großen Reiches hätte werden sollen. Und wenn das noch nicht genug wäre, verwandelt sie sich auch noch an ihrem siebzehnten Geburtstag in eine Werwölfin, so wie ihr Vater - in die einzige überhaupt. Noch dazu sind ihre Gaben mächtig... So mächtig, dass sie den Trohn ihrer Mutter Mithilfe anderer Wertieren zurückerobern und für sich selbst einnehmen kann?

AnführerinBxGGood girlverführtWerwolfrächenSpannungLiebeVerratRealität

1. Kapitel, Ly

Ausdruckslos saß ich auf der wohl ehemals beigefarbenen Rückbank des schwach nach Zigarettenrauch und laschen Burgern riechenden Taxis, dessen maroder und klappriger Zustand dem meinen sehr arge Konkurrenz machte.

Dass mir das überhaupt auffiel, glich an ein Wunder.

Immerhin wusste ich schon seit geraumer Zeit nicht mehr, welchen Monat wir hatten, geschweige denn welchen Tag; ich konnte nicht einmal genau sagen, wie spät es wohl jetzt sein mochte.

Und unter uns gesagt:

Es war mir schlichtweg egal.

Ich konnte mich nicht einmal daran erinnern, wann ich das letzte Mal etwas gegessen hatte, geschweige denn, was es war oder wer es zubereitet hatte.

Bestimmt war es meine Mum, eine quirlige, jung gebliebene Frau namens Linda Ducane gewesen, die zu Lebzeiten entweder durch das Haus wuselte und etwas dazu sang, oder mal wieder tausende Notizzettel mit Songtexten oder Lebensweisen in dem ganzen Haus verteilte, die man dann plötzlich fand:

Im Kaffeebecher früh morgens, bestenfalls bevor man sich die dampfende Brühe eingeschenkt hatte, beim Blumengießen in dem Übertopf oder auf der Rückseite des Shampoos, wenn das Wasser die Schrift schon beinahe unleserlich verschmiert hatte und man es nur noch mit sehr viel Anstrengung entziffern konnte.

Einmal fand ich einen neongrünen Post-It bei den wechseln meiner Leintücher und auch wenn ich nicht mehr sagen konnte, was darauf gestanden hatte, erheiterte mich der Gedanke in der Vergangenheit sehr.

Ich meine, auf solche Ideen konnte nur meine durchgeknallte, liebevolle Mum kommen, die vor nichts Halt machte und nur so vor Leben sprühte.

Aber auch mein Dad Logan ließ sich manchmal so einiges einfallen, was Verstecke aller Art so anging.

Er kannte mich beinahe auswendig, wie seine imaginäre Westentasche, so gut um zu wissen, dass ich niemals auf meinem Schrank sehen würde, in tausend Jahren nicht, nicht einmal um dort Staub zu wischen.

Ich war durchaus ein ordentlicher Mensch, doch fand ich, dass man es auch übertreiben konnte.

Auf einem Schrank würde schließlich niemand hinsehen.

Und so lag schließlich mein Weihnachtsgeschenk bereits verpackt über Monate hinweg auf meinem Kleiderkasten und ich hatte nicht die geringste Ahnung.

Sie beide steckten eben voller Überraschungen und hatten immer etwas im Petto.

Ein anderes Mal riefen sie in der Schule an und sagten, dass ich krank wäre und unmöglich kommen könnte, nur um mich in der Früh aufzuwecken, um mich mit dem Besuch in das lang herbeigesehnte Disneyland zu überraschen, den ich so lange beinahe auf Knien erbettelt hatte.

Drei lange Tage blieben wir dort und es waren mit die besten Tage meines Lebens.

All die ganzen fast sechzehn Jahre waren die besten Jahre meines Lebens gewesen und ich konnte mich über nichts beklagen.

Die letzte Überraschung war die erste, die grausam war.

Vor allem aber war es die Letzte.

Zumindest die letzte, bei der sie noch am Leben waren - doch dies sollte ich an diesem Tag noch nicht wissen.

Seit der Erkenntnis, dass sie mir genommen worden waren, befand ich mich in einem Trance-Zustand.

Ich hatte völlig das Gefühl für Raum und Zeit verloren.

Das Erste, was ich mitbekam, war das ich von nun an bei Dad's Bruder, meinem Onkel würde leben sollen.

Und das letzte, dass ich hier im Taxi saß.

Mein Schmerz fraß sich noch immer durch meine Glieder und mein Herz zog sich in der Brust zusammen.

Das erste Mal seit langem begann ich mal wieder nachzudenken.

Hatte ich überhaupt jemals etwas von einem Onkel gewusst?

Sein Name war mir sofort wieder entfallen, als ich ihn gehört hatte.

Allein mit einem fremden Mann in einer Wohnung.

Oder in einem Haus.

Mitten hier im weißen nirgendwo, am Rande des nichts.

Ich sah nur grüne, hohe Tannen und massenhaft Schnee.

Wasser, und vielleicht noch ab und an ein verschneites Holzdach aus den mit Schnee bedeckten Baumwipfeln hinaus spitzen.

Mittlerweile konnte ich mich sogar wieder erinnern, wo ich mich in etwa befand.

Ich war in Kanada.

Nie zuvor war ich in diesem Land gewesen, zumindest nicht in einem Alter, in dem man sich daran erinnern konnte.

Ich wusste nicht einmal etwas über dieses Land oder deren Kulturen.

Allerdings war selbst das mir egal.

Ich starrte einfach weiter auf die vorbeizischende Landschaft und zwang mich, an nichts zu denken.

"In einer Stunde sind wir da.", meinte der Fahrer monoton zu mir nach hinten, während er in den Rückspiegel blickte.

Am Anfang hatte er sich noch um Smalltalk bemüht, jedoch schnell bemerkt, dass ich daran kein Interesse hatte und stattdessen eine Bravo Hits-Cd heraus gekramt, die wahrscheinlich genauso lange in dem Handschuhfach vor sich hin gestaubt hatte, wie dieses Klappergestell von Wagen alt war.

Ich meine, Abba war mindestens so alt wie ich, wenn nicht älter und Dancing Queen war absolut out, zumindest wenn es nach meiner Meinung ging.

Aber meiner Meinung nach war gerade sowieso alles absolut beschissen.

Wobei, beschissen war definitiv das falsche Wort.

Leer wäre an dieser Stelle das richtige Wort gewesen, denn so fühlte ich mich auch.

In mir war alles leer.

Meine Gedanken, meine Gefühle, mein Blick.

Ein Teil von mir, und ich wusste, dass er mächtig war, war mit ihnen gestorben.

Zurück blieb nur die traurige und eingefallene Hülle meiner selbst.

Wir fuhren mittlerweile durch eine kleine, beschauliche Ortschaft mit mehreren dunkelholzigen Blockhäusern und noch mehr Schnee, bis wir an einer kurzen Waldstraße ankamen.

Etwa fünfzehn Minuten fuhr er sie hinauf, weg von dem spärlichen Örtchen und bog schließlich tief ausatmend rechts ab.

Langsam fuhr er etwa fünfhundert Meter die Straße hoch, bis er schließlich mitten in dem Wald stehen blieb und ausstieg.

Was genau wird das jetzt?

Ich kniff meine grünen Augen zusammen und erkannte ein dunkles Häuserdach aus den Wipfeln der Tannen hervorblitzen.

Scheinbar war das Haus in wenig hundert Meter Entfernung, warum fuhr der Trottel nicht einfach weiter?

Ich wollte mich sowieso nur verkriechen und auf Freizeitaktivitäten aller Art konnte ich verzichten.

Die Reise hierher hatte mir schon zu schaffen gemacht.

Ich wollte einfach nur noch allein sein.

Schnell schnallte ich mich ab, öffnete die Tür und schlüpfte durch den Türspalt, während der Taximann meinen schwarzen Koffer aus dem Kofferraum fischte und ihn mir vor die Füße stellte.

Dabei schnaufte der bullige, ältere Mann leicht und richtete sich dann wieder auf, unsichtbaren Staub von seinem schwarzen Anorak abklopfend.

Eventuell war er etwas nervös, zumindest wirkte sein Verhalten so, wie er immer wieder um sich blickte und etwas suchte, dass er schließlich nicht finden konnte.

"Ich fahre nicht weiter.", teilte er mir mit, wie als würde ich das nicht verstanden haben.

"Das kann ich sehen.", entgegnete ich kühl als Antwort.

Er schluckte und zückte seine schwarze Geldtasche, die schon sehr abgegriffen war.

Kurz überlegte ich ihm zu sagen, dass das Geld mein Onkel bezahlen würde, beließ es dann aber schlussendlich dabei.

Ich war so oder so nicht für Späße aufgelegt und war es nie, wenn sie auf Kosten anderer gemacht wurden.

Wortlos drückte ich ihm einfach ein paar Scheine in die Hand und schlug fester als benötigt die Türe seines Taxis zu.

Dabei bildete sich auf dem weißen Schnee ein Regen von Rost.

Hatte dieses Auto überhaupt TÜV?

Eigentlich konnte ich froh sein, hier lebend ausgestiegen zu sein.

Warum wurde mir dieses Glück zuteil, aber meinen Eltern nicht?

Wütend marschierte ich in die Richtung der, wie ich vermutete, Blockholzhütte und nahm seinen brummigen Dank gar nicht mehr wahr.

Als ich hinter mir hörte, dass er mit quietschenden Reifen davon fuhr - wie auch immer das mit den Ketten so möglich wahr - beschleunigte ich meine Schritte ein wenig.

Unsicherheit befing mich, als ich mit meinen durchtränkten Converse den wuchtigen Koffer hinter mir herzog und fluchte, als der Schnee sich dadurch so anstaute, dass er gefühlt dreißig Kilo schwerer war, als ohnehin schon.

Immerhin konnte ich schon eine kleine, dunkle Hausecke sehen, die einem Lichtblick glich.

Das Stück könnte ich dieses Monstrum vielleicht tragen, jagte es mir durch den Kopf.

Mit meiner bisherigen Vorgehensweise würde es sonst sicher noch einiges an Zeit dauern, bis ich bei der verdammten Türe anklopfen und meine Ruhe haben konnte.

Also stemmte ich meinen Koffer nach oben und hielt die Luft an.

Scheiße, war der schwer!

Zu allem Überfluss hatte er sich mit dem Schnee so vollgesogen,

dass er meinen ganzen lindgrünen Parka versaute.

Das Wasser rann an meinen Ärmeln hinunter bis zu meinen Ellenbogen und meine Schuhe waren ebenso mit Wasser durchtränkt.

Schmatzend stapfte ich durch den ganzen Matsch und weigerte mich, meinen Koffer dort abzustellen, um eine Pause zu machen.

Das Desaster meines Lebens war schon groß genug, da musste ich mich wenigstens ein wenig zusammenreißen und gröberes verhindern.

Und ein Tag zwischen Waschmaschine und Bügeleisen war die Hölle für mich.

Ich lenkte mich ab, indem ich mir das Haus aus Holz genauer ansah.

Es sah gruselig aus, wie dunkel, allein und verlassen es hier stand, ja beinahe bedrohlich.

Und doch.. Umso länger ich es mir ansah, desto mehr spürte ich das Haus.

Es war eigenartig zu beschreiben, aber es hatte einen eigenartigen Charme, der hervortrat, wenn man seine Ängste beiseite legte.

Dann wirkten die großen, dunklen Fensterläden, die im Wind leise klapperten und das Ächzen des Daches gleich weniger furchteinflößend.

Ich parkte meinen Koffer auf den Treppenabsatz und ging mit zwei großen Schritten die vier Stufen hoch.

Dann zog ich außer Atem das schwere, rechteckige Teil zu mir auf das Podest und drehte mich zu der Türe um.

Kurz legte ich meinen Kopf schief und betrachtete die vielen Tiere, die aufwendig in ihr hinein geschnitzt wurden und ließ meine Fingerspitzen fasziniert über den Bären gleiten.

Wie viel leben seine Augen in sich trugen..

Von mir konnte ich das bisher nicht behaupten.

Seufzend suchte ich nach meiner Inspektion der Türe eine Klingel, fand jedoch keine.

Also klopfte ich einfach zweimal sachte an das Holz und gab mir nicht einmal mehr die Mühe, mein dunkles, stumpfes Haar zu richten.

Ich vernahm leise Schritte und schließlich wurde die Tür geöffnet.

Erst dachte ich, ich wäre verrückt geworden, so sehr ähnelte er meinem Vater:

Er war in etwa eineinhalb Köpfe größer als ich, hatte aufmerksame braune Knopfaugen und auffallend dunkle, buschige Augenbrauen.

So dunkel wie seine Brauen war auch sein schütteres Haar und die Bartschatten um seinen Wangen.

Er hatte dieselben geschwungenen Lippen und die autoritäre Ausstrahlung, die einen mit einem bloßen Blick zum Verstummen brachte.

Ein rot-schwarz kariertes Holzfällerhemd zierte seinen Oberkörper, während er unten herum abgeschnittene Bluejeans trug.

Und das im tiefsten Winter.

Er trug ja nicht einmal Schuhe, geschweige denn Socken.

Mit nackten Füßen stand er fest auf dem Holzboden.

Und auch er musterte mich erst einmal wortlos von Kopf bis Fuß.

Sein Blick glitt über meine verwuschelten Haare bis hin zu meinem durchnässten und ehemals sauberen Parkas.

Als er die kläglichen Pfützen bemerkte, die von meinen schwarzen Converse ausgingen, ließ er eine seiner buschigen Brauen nach oben wandern, bevor er mir wieder in mein Gesicht sah.

Fest blickte ich ihm einfach entgegen und versuchte dabei zumindest ein klein wenig selbstbewusst zu wirken.

Doch mein Selbstbewusstsein war so wie ich im Arsch.

"Bei Gott, siehst du beschissen aus.", brach er schließlich anders als erwartet das Schweigen und komischerweise nahm ich es ihm nicht einmal übel.

Ich wusste über meines Zustandes bestens Bescheid und konnte es ihm nicht verdenken.

"Na komm schon rein.

Aber zieh diese Schuhe aus!"

Barfuß trat er auf die Terrasse und schnappte sich einhändig meinen Koffer.

Dabei wirkte das schwere Ungetüm plötzlich federleicht.

Ich schlüpfte schnell durch den Türspalt und zog mir die Schuhe aus, die ich draußen vor der Tür platzierte, nachdem mein Onkel eingetreten war.

Er brachte meinen Koffer wohl in mein Zimmer, denn er ging durch das riesige Wohnzimmer und war verschwunden.

Langsam ließ ich meinen dreckigen Parka von den Schultern gleiten und streifte mir die durchnässten Socken von den Füßen.

Der Boden war erstaunlich warm und fühlte sich weich unter meinen Zehen an, trotz dessen das ich nun wie mein Onkel barfuß war.

Ich tappste mit den Sachen auf dem Arm in die Mitte des Wohnzimmers und blickte mich um.

Eine beigefarbene, einladend wirkende Couch in einer L-Form stand vor einem kleinen Holzofen, dessen Licht gemütliche Wärme spendete und eigenartige Schatten an die hölzernen Wände und die Decken warf.

Daneben hing ein Flachbildfernseher, dessen Fernbedienung auf dem kleinen Sofatischchen aus Holz stand.

Als ich näher kam, erkannte ich, dass in den Tischbeinen sowie an der Tischkante lauter Schnitzereien waren. Anmutige Hirsche reihten sich an Wölfen, Bären und Dachsen; egal wer diese Kunst ausführte, er beherrschte sein Handwerk, ohne jeden Zweifel.

Es gefiel mir.

"Den hat dein Opa mit uns Jungen geschnitzt.", ertönte es von hinter mir.

Erschrocken ließ ich meine Sachen fallen, die ich mit rotem Kopf sogleich wieder einsammelte.

"Die kannst du mir geben.", streckte er seine Arme danach aus.

"Sie sind nass."

"Und ich bin nicht aus Zucker."

Wortlos reichte ich ihm meine Schmutzwäsche und schon war er wieder verschwunden.

An der Seite, der ich vorher den Rücken gekehrt hatte, stand ein Klavier neben einem spärlich gefülltem Bücherregal.

Er schien wohl nicht gerne zu lesen und generell eher zurückgezogen zu wohnen.

Es gab hier keine Fotos, nicht einmal ein Telefon, dafür aber eine helle, offene Küche, die genug Platz zum Kochen bot.

Von dem Wohnzimmer aus konnte man sie durch den Bogen sehen.

Das war es aber auch schon, bis auf den senfgelben, runden Teppich in etwa Mitte des Raumes und eine eher unscheinbare, kleine Treppe in der Richtung, in der mein Onkel verschwunden war.

Ich ließ mich auf die Couch sinken und streckte meine müden Glieder.

Dabei betrachtete ich die Schnitzereien genauer und fragte mich, welche wohl mein Vater gemacht hatte.

"Ich habe die Sachen für dich in die Maschine geworfen."

Ich drehte meinen Kopf zu dem Bruder meines Vaters, der langsam zu mir kam und sich auf das Sofa setzte.

Sogar dabei hatten sie Ähnlichkeiten.

Er erinnerte mich stark an ihn.

"Danke.", flüsterte ich leise, um nicht unhöflich zu sein.

Er nickte und blieb still.

Eine Weile starrten wir einfach in die Flammen und beobachteten ihr Spiel.

Sie spendeten so viel Wärme auf der Haut.

Wärme, wie ich sie schon lange nicht mehr gefühlt hatte.

Nach einer Weile räusperte er sich jedoch lautstark und ich wusste, mit der Ruhe war es jetzt erst einmal vorbei.

"Dann fang ich mal an, mich vorzustellen.

Mein Name ist Lucas, aber bitte nenn mich einfach Luke. Dass ich der Bruder deines Vaters bin, ist dir bewusst?"

Ich nickte schwach.

"Das hier war früher das Haus deiner Großeltern. Nach ihrem Tod haben sie es uns vermacht."

Er machte eine kurze, ausschweifende Handbewegung.

"Ansonsten gibt es nicht viel zu erzählen, fürchte ich.

Von der Schule lasse ich dich erst einmal abgemeldet, ich denke, dass wäre auch in deinem Interesse.

Aber du musst dich aufraffen, Ly. Wann hast du das letzte Mal etwas Vernünftiges gegessen?"

"Weiß ich nicht.", gab ich leise aber verärgert zurück.

Ich dachte, ich könnte meine Ruhe haben und jetzt durfte ich mir schon weiß Gott was anhören.

Und es reizte mich.

Meine Gefühle klopften an der Oberfläche an, stärker als die Tage zuvor.

Dabei wollte ich nichts fühlen.

Ich wollte nichts fühlen, nichts hören, nichts sehen und vor allem wollte ich sie einfach nur zurück.

"Denkst du, sie hätten es so gewollt?", fragte er mich hart.

"Dass ihre Tocher mit ihnen stirbt?"

"Was weiß ich? Sie sind schließlich auch tot!", brüllte ich ihn an.

"Sie sind tot und ich bin hier! SIE SIND TOT!"

Nun geschahen drei erste Dinge in genau einem Moment.

Erste Sache Nummer eins:

Ich sprach die Wahrheit aus, vor der ich mich die letzten Wochen über gefürchtet hatte.

Erste Sache Nummer zwei:

Ich brach in unaufhaltbaren Tränen aus und weinte so sehr, dass meine Schultern bebten und meine Nase augenblicklich verstopft war.

Erste Sache Nummer drei:

Luke umarmte mich und ich ließ es geschehen.

Ich ließ es einfach zu und weinte.