Kapitel 1: Das Landei kam in die Stadt
Mitten in einer endlosen Grassteppe erhob sich eine gewaltige Villa, die an ein Märchenschloss erinnerte. Dieser Ort war wie das Paradies auf Erden - jeder, der hierherkam, musste unweigerlich ausrufen, wie atemberaubend schön es hier sei.
In Olivias Augenwinkeln blitzte ein kaum sichtbares goldenes Leuchten auf, doch ihre Stimme klang unerschütterlich: "Opa, das Bündnis zwischen dem Agosrith-Rudel und dem Xihsas-Rudel sollte durch Stärke und Territorium besiegelt werden, nicht dadurch, dass ich mich in meiner Brunftzeit an einen Alpha des Xihsas-Rudels binde."
"Wenn es nur darum geht, für die Harmonie zwischen zwei Rudeln mein Schicksal zu opfern, dann würde selbst die Mondgöttin das nicht gutheißen."
"Olivia, vor zwanzig Jahren waren es die Alphas des Xihsas-Rudels, die uns geholfen haben, das Westterritorium zu verteidigen."
"Du bist eine reinblütige weibliche Alpha des Agosrith-Rudels, wie es sie nur einmal in hundert Jahren gibt. Nur wenn du dich mit einem Alpha des Xihsas-Rudels verbindest, wird die Blutlinie beider Stämme gestärkt. Die fünf Alphas des Xihsas-Rudels sind allesamt außergewöhnlich. Du musst nur einen von ihnen als deinen Gefährten wählen. Keine Sorge, bestimmt findest du einen, der dir zusagt."
Olivia lehnte sich in der Sofaecke zurück, ihr kastanienbraunes Lockenmeer fiel locker auf ihre Schultern. Ihre Gesichtszüge waren von betörender Schönheit, und sie strahlte eine ganz besondere Aura aus.
Sie war von ihrem Großvater aufgezogen worden und wusste nur zu gut, dass sie sich in dieser Angelegenheit nicht würde widersetzen können.
Olivia dachte kurz nach und sagte dann mit einem Lächeln: "Einverstanden, aber ich habe Bedingungen, Opa. Wenn ich zum Xihsas-Rudel gehe, werde ich meine wahre Aura verbergen und als einfache Omega auftreten. Wenn ich mich innerhalb eines Jahres in keinen der Alphas verliebe, werde ich das Bündnis eigenhändig zerreißen. Wie siehst du das?"
Ihr Großvater lächelte: "Abgemacht. Dieser Trank wird deinen Duft neutralisieren. Trink ihn, und du wirkst wie eine gewöhnliche Omega."
...
Einige Tage später, am Hauptbahnhof der Stadt A.
Am Eingang standen vier Männer mit perfekten Gesichtszügen. Sie verkörperten verschiedene Typen - der Kühle, der Sonnige... einfach alle Kategorien waren vertreten.
Die Blicke der Passanten richteten sich wie magnetisch auf sie. Wären nicht die Bodyguards im Nacken gestanden, hätten sich längst Scharen von Frauen um ihre Kontaktdaten gerissen.
"Bei dieser Affenhitze müssen wir vier dieses Mädchen abholen. Opa glaubt wohl echt, wir hätten nichts Besseres zu tun!"
Liam, der jüngste Alpha des Xihsas-Rudels, ließ seiner Laune freien Lauf.
"Eben, sie kommt mit dem billigen Regionalexpress. Bestimmt ein richtiges Landei."
Alexander, der populäre Popstar und viertälteste der fünf Brüder, sprach hinter Maske und Kapuze hervor.
"Dass wir fünf Brüder uns von einem Landmädchen aussuchen lassen sollen... als Opa mir das gestern erzählte, dachte ich, er spinnt!", pflichtete James, der drittälteste Bruder, bei.
"Oh, ich beneide Henry ... der muss wegen eines Meetings nicht antanzen."
Noah, der zweitälteste Bruder, schwieg, doch auch sein Gesichtsausdruck verriet deutliche Missbilligung.
In diesem Moment trat ein junges Mädchen im Blümchenkleid aus dem Bahnhof. Ihre Kleidung war jenseits von gut und böse, und diese weder lange noch kurze Frisur - einfach nur grässlich.
Liam klopfte Alexander auf die Schulter: "Meine Fresse, gibt's denn so was noch? Ha ha ha, das kenn ich doch nur aus Comedy-Shows..."
Dann jedoch, zu ihrem Erstaunen, kam das Mädchen direkt auf sie zu und blieb stehen.
"Guten Tag, seid ihr die Alphas des Xihsas-Rudels? Ich bin Olivia Jones."
Die Gesichter der vier Männer verfinsterten sich, besonders Alexander fragte ungläubig: "Du bist Olivia?"
Der Engel, von dem ihr Großvater geschwärmt hatte?
Die Olivia vor ihren Augen trug nicht nur schreckliche Kleidung, ihre Haut wirkte auch rau und war mit mehreren Muttermalen übersät, und ihre Lippen waren in einem erstickenden Barbie-Pink geschminkt.
Olivia nickte und sah sie mit schwärmerischem Blick an: "Mein Opa hat nicht übertrieben, ihr seid wirklich gutaussehend."
Zwar hübsch anzusehen, aber mir doch nicht gewachsen.
Liam konnte sich kaum zurückhalten. Auch wenn sie vom Land kam - musste es denn so schlimm sein?
"Frau Jones, möchtest du nicht vielleicht... wieder zurückfahren?"
"Hä?" Olivia blinzelte verwirrt.
Schließlich war es Noah, der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Davis Gruppe, der das Schweigen brach: "Steigen wir erst mal ein und fahren nach Hause!"
Im Wagen saßen Olivia und Noah in der Mittelreihe.
Sie blickte aus dem Fenster und rief begeistert: "Wow, die Hochhäuser in der Großstadt sind ja riesig!"
Die anderen vier im Auto verzogen angewidert die Gesichter. Das legendäre Landei in der Stadt?
Olivias Blick fiel zufällig auf Noahs Armbanduhr. "Wow! Die Uhr ist ja toll! Die hat bestimmt gute zehn Dollar gekostet, oder?"
Zehn Dollar? Noahs Uhr war vierzig Millionen wert!
Die vier waren sprachlos und hofften inständig, dass Olivia sich in keinen von ihnen verlieben würde.
Als das Auto beim Anwesen der Davis-Familie vorfuhr, war Olivia wieder außer sich vor Begeisterung.
"Wow, euer Haus ist ja mega groß!"
Nicht mal ein Zehntel so prächtig wie unser Anwesen.
Während Olivia noch innerlich die Nase rümpfte, ertönte Liams genervte Stimme: "Jetzt reicht's! Du Landei, hör auf, dich aufzuführen, als hättest du noch nie was gesehen. Ich halt das nicht mehr aus!"
Die anderen drei schwiegen, denn auch sie waren am Ende ihrer Geduld.
