KAPITEL 4
Mias POV
Ich wachte mit Durst auf, als wäre meine Kehle trocken wie Sandpapier. Ich schlich auf Zehenspitzen aus dem Bett, in der Hoffnung, mir ein Glas Wasser zu holen, ohne dabei jemandem zu begegnen.
Als ich die Küche betrat, entdeckte ich einen meiner Stiefbrüder, Sean, der tief und fest auf dem Sofa lag. Seine breite Brust hob und senkte sich mit jedem ruhigen Atemzug. Ich zögerte einen Moment, um ihn nicht zu stören, bevor ich schnell zur Spüle ging.
„Oh nein, ich sollte ihn nicht so anstarren!”, dachte ich und geriet innerlich in Panik. Ich riss meine Hand weg, mein Herz raste und mir schoss das Blut in die Wangen. Ich spürte, wie sich die Hitze in meinem ganzen Körper ausbreitete. Oh nein, ich hatte ihn berührt ...
Ich füllte mein Glas und das kühle Wasser streichelte meine trockenen Lippen. Gerade als ich mich umdrehte, um einen Schluck zu trinken, hörte ich leise Schritte näherkommen. Ich blickte über die Schulter und mein Herz stockte. Es war Nathan, und er trug kein Hemd.
Ich konnte meinen Blick kaum von ihm abwenden. Seine Bauchmuskeln waren perfekt definiert, jede Wölbung und jeder Muskel wie ein Meisterwerk geformt. Seine Jogginghose hing tief auf seinen Hüften und enthüllte die scharfe V-Linie, die unter dem Stoff verschwand. Mein Mund wurde wieder trocken, doch dieses Mal lag es nicht am Durst. Sein Anblick, sein kraftvoller Körper, der im Küchenlicht förmlich zu leuchten schien, machte es mir unmöglich, den Blick abzuwenden.
„Genießt du die Aussicht, kleine Schwester?“ Seine tiefe, neckische Stimme riss mich aus meinen Gedanken. Entsetzt stellte ich fest, dass ich ihn offen angestarrt hatte. Sein Grinsen wurde noch breiter, als er meinen Blick auffing. „Es ist unhöflich, zu starren.“
Scheiße! Ich drehte mich um, mein Gesicht glühte vor Verlegenheit. Ich musste weg, bevor ich mich noch mehr blamierte. Doch in meiner Eile stieß ich mit ihm zusammen und schüttete ihm das Wasser aus meinem Glas über die Brust.
„Oh nein, es tut mir so leid!“, keuchte ich. Mein Herz raste, während ich versuchte, das Wasser abzuwischen. Dabei streiften meine Hände seinen steinharten Bauch. Als meine Finger seine warme, feste Haut berührten, lief mir ein Schauer über den Rücken. Mir wurde schlagartig klar, was ich da tat, und ich erstarrte wie von einer Flutwelle überrollt.
Ich zog meine Hand schnell zurück und spürte, wie meine Wangen glühten. Ich senkte den Blick, zu verlegen, um ihm in die Augen zu sehen. „Ich wollte nicht ...“
Nathan kicherte leise, und das Geräusch ließ mich erneut erschauern. „Hat dir gefallen, was du gefühlt hast, Kätzchen?“ Seine Stimme klang wie ein Schnurren, und ich spürte, wie mein Gesicht noch heißer wurde. „Es ist nicht gut, den Körper deines Stiefbruders so zu mustern.“
Ich öffnete den Mund, um mich zu entschuldigen, brachte aber kein Wort heraus. Meine Finger kribbelten noch immer, wo sie seine Haut berührt hatten. Er beugte sich herunter, ergriff sanft meine Hand und zog sie von seiner Brust weg, ohne mich aus den Augen zu lassen. Die Intensität in seinen Augen ließ mein Herz höher schlagen.
„E ... Es tut mir wirklich leid“, stammelte ich schließlich, trat dabei aber so schnell zurück, dass ich fast über meine eigenen Füße stolperte. Meine Hände zitterten, als ich mir ein Handtuch schnappte, um das Wasser von meinen Fingern zu wischen. Verzweifelt versuchte ich, das wilde Flattern in meiner Brust zu beruhigen.
Nathan trat einen Schritt näher und sein Grinsen wurde breiter, als er mich herumstolpern sah. „Entschuldige dich nicht“, murmelte er mit seidenweicher Stimme. „Versuch einfach, es nicht zur Gewohnheit werden zu lassen.“ Er beugte sich so nah zu mir, dass ich seinen Atem an meinem Ohr spüren konnte. „Es sei denn, du hast vor, noch mehr zu sabbern?“
Mein Gesicht brannte. Ich konnte kaum atmen und ihm antworten. Ich musste hier raus, bevor ich zu einer Pfütze der Demütigung zerfloss.
Bevor ich mich bewegen konnte, hallte das Geräusch weiterer Schritte durch die Küche. Ich drehte mich um und sah, wie Sean hereinkam. Seine Augen verengten sich, als er die Szene wahrnahm.
„Was machst du hier?“, fragte Sean kühl und barsch. „Wir haben dich noch nicht richtig willkommen geheißen.“
„Ich ... ich hatte einfach Durst“, murmelte ich und wünschte mir, im Boden versinken zu können. Wie auf ein Stichwort verriet mich mein Magen mit einem lauten Knurren.
Sean hob eine Augenbraue und ein Lächeln umspielte seine Lippen. „Sieht so aus, als hättest du auch Hunger.“
„Ich wollte nur etwas Brot holen“, sagte ich schnell und leise. Ich warf einen Blick auf die Theke, auf der ein Laib Brot lag, und fühlte mich plötzlich wie ein Eindringling in meiner eigenen Küche.
Sean schüttelte den Kopf. „Du solltest ordentlich essen, wenn du hungrig bist, und nicht nur Brot. Es sei denn, du machst gerade eine Diät, um Jungs anzulocken?“
Ich blinzelte ihn verblüfft an. „Ich mache keine Diät“, sagte ich leise. „Und ich versuche auch nicht, jemanden anzulocken.“
Nathan, der schweigend zugesehen hatte, verschränkte die Arme vor der Brust und bohrte seinen Blick in meinen. „Gehst du mit jemandem aus?“, fragte er mit fester Stimme, doch seine Worte hatten eine Schärfe, die mir eine Gänsehaut bescherte.
Ich schüttelte den Kopf, meine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. „Nein, ich bin mit niemandem zusammen. Ich ... ich warte auf meinen Partner.“
Nathans Augen verengten sich und er trat einen Schritt näher, wodurch ich mich noch kleiner fühlte. „Gut. Ich will nicht, dass du mit irgendjemandem ausgehst. Und schlaf auf keinen Fall mit irgendwelchen Jungs. Wir haben den Ruf unserer Familie zu verteidigen.“
Mein Herz hämmerte in meiner Brust, als er sich vorbeugte und sein warmer Atem an meiner Wange strich. „Hast du mich verstanden, kleine Schwester?“ Seine Stimme klang wie ein Knurren, tief und gefährlich.
Ich nickte schnell, da ich mich nicht traute, etwas zu sagen.
„Brav, Kätzchen.“ Er richtete sich auf und grinste süffisant. „Geh jetzt. Es sei denn, du willst hier stehen und weiter sabbern.“
Ich schnappte mir den Laib Brot und stürmte aus der Küche. Mein Gesicht brannte vor Verlegenheit und Verwirrung.
Mein Herz raste immer noch, als ich in mein Zimmer zurückging. Nathans spöttisches Lachen hallte in meinen Ohren wider.
