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Hybrid - nur ein halber Wolf

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Jenny_1x1
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Zusammenfassung

Rhianna lebt in einem Dorf voller Wölfe. Doch niemand akzeptiert sie, weil sie nur zum Teil ein Wolf ist. Ihr leiblicher Vater, den sie nie kennengelernt hat, ist ein Mensch. Und das ist der Grund, wieso sie eine Aussenseiterin ist. Sie kann sich nicht verwandeln und ist somit schwach. Dann wettet sie mit einigen Leuten, dass bestimmt jemand mit ihr ans Sommernachtsfest gehen wird. Geschehe das nicht, muss sie in den verfluchten Wald am Rande des Dorfes gehen. Und natürlich verliert sie die Wette. Noch ahnt sie nicht, dass diese verlorene Wette das beste ist, was ihr je passieren kann.

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Der Wald

'Geh nie in diesen Wald hinein', hatten sie mir gesagt. 'Alle die hinein gingen, kamen nicht mehr raus. Ausser einer. Und er hat seit dem einen Dachschaden.

Also halte dich fern.'

Meine Eltern hatten mir das oft genug eingetrommelt. Und was tat ich jetzt?

Ich ging in diesen Wald. Warum? Wegen einer beschissenen Wette! Ich hatte mit meinen Freunden gewettet, dass mich bestimmt ein Junge als Date zum Sommernachtsfest haben wollte. Geschehe das nicht, musste ich in den Wald hinein. Mein Stiefvater würde bestimmt ziemlich enttäuscht sein.

Seit meine Mutter gestorben war, hatte ich es nicht leicht. Genauer gesagt, hatte ich es noch nie leicht.

Warum? Ich war ein Halbblut. Meine Mutter war ein Wolf, aber mein Vater, den ich nie kennengelernt hatte, war ein Mensch. Man nannte Leute wie mich, Bastard. Es gab nicht viele wie mich. Es hiess, dass wir zu schwach wären.

Genau genommen war ich die einzige weit und breit. Meine Mutter hatte meinen Vater verstossen, als er ihr gestand, dass er kein Wolf war. Freunde zu finden war als Halbblut sehr schwierig. Deshalb nahm ich die, welche sich mir boten. Doch waren sie nicht wirklich wahre Freunde. Sie akzeptierten mich in ihrer Gruppe nur, damit sie jemanden hatten, den sie fertig machen konnten. Tja, und das war dann ich.

Mein kleiner Bruder dagegen hatte ein sehr schönes Leben.

Er war mein Halbbruder und war der Sohn meines Stiefvaters, welcher ein überaus starker Wolf war. „He, Basti! Was ist?! Traust du dich etwa nicht?", schrie einer meiner Freunde mir zu, als ich vor dem Wald stehen blieb. Immer dieser beschissene Spitzname..! All meinen Mut zusammenkratzend, tat ich den ersten Schritt und lief zögerlich in den Wald hinein.

Einige Schritte im Wald drehte ich mich um, um die Gesichter meiner Freunde zu sehen. Sie alle hatten einen ängstlichen Ausdruck im Gesicht. Ich winkte ihnen, um zu zeigen, dass es mir gut ging.

Doch keiner winkte zurück. Stattdessen suchten sie verzweifelt den Waldrand ab. Können die mich nicht sehen?

Schultern zuckend drehte ich mich um und lief ein paar Schritte tiefer in den Wald.

Es war überraschend ruhig hier.

Die angenehme Ruhe im Wald gefiel mir und fühlte sich seltsam vertraut an.

Neugierig lief ich noch ein Stück hinein und bewunderte die Schönheit der Natur. Dadurch, dass sich Niemand in den Wald hinein traute, war alles unberührt und man konnte die Kunst der Natur betrachten. Fasziniert schaute ich mich um, während ich weiter in den Wald hinein lief. Ich sah Pflanzen und Tiere, welche es sonst auch gab. Was also ist an diesem Wald so anders?

Die Zeit hatte ich total aus den Augen verloren und ich bemerkte erst wie spät es war, als es begann zu dämmern.

Schnell lief ich den Weg zurück, um meinen Freunden zu zeigen, dass nichts passiert war.

Doch ich fand den Waldrand nicht mehr.

Verdammt..! Ich bin doch nur gerade aus gelaufen. Oder etwa nicht? Ich war mir da nicht mehr ganz sicher. Verzweifelt lief ich schneller und suchte den Ausgang. Erfolglos. Bevor es drohte ganz dunkel zu werden, suchte ich mir einen Unterschlupf für diese Nacht.

Gerade, als ich den perfekten Baum gefunden hatte, welcher grosse Wurzeln schlug, unter welchen ich mich hinlegen konnte, hörte ich hinter mir ein Knacksen.

Erschrocken drehte ich mich um und hielt die Luft an. Mit zusammen gekniffenen Augen suchte ich die Umgebung ab, konnte aber nichts finden. Vielleicht wirst du schon verrückt und hast dir das eingebildet.

Verrückt? Ja, wahrscheinlich. Selbstgespräche führte ich ja schon.

Definitiv genug verrückt, um in diesen Wald zu gehen, von welchem alle immer sagten, ihn nicht zu betreten. Ich atmete einmal tief ein und aus, um meine Gedanken zu sammeln. In der Dunkelheit kroch ich unter die Wurzel und rollte mich wie ein Embryo zusammen.

Lange konnte ich nicht einschlafen, da ich immer wieder dachte, ich hätte etwas gehört. Was in einem Wald auch normal war. Irgendwann war ich dann doch vor lauter Erschöpfung eingeschlafen. Einmal erwachte ich kurz, weil mir auf einer Seite warm und auf der anderen kalt war. Als ich nachsah, was der Grund dafür war, sah ich einen Umriss von einem Tier. Es hatte sich an mich angekuschelt und schlief tief und fest.

Wahrscheinlich war es ein Löwe, aber ich konnte es wegen der Dunkelheit nicht richtig sehen. Bevor meine Panik ausbrach, ermahnte ich mich in Gedanken, dass er mich bestimmt schon längst gefressen hätte, wenn er hungrig wäre. Also legte ich mich einfach wieder wie vorhin hin und schloss meine Augen.

Am nächsten Morgen weckte mich ein Sonnenstrahl, welcher den Weg bis zu mir fand, auf und ich rieb mir die Augen und sah mich um. Von dem Tier war nirgends eine Spur. Nicht mal an der Stelle, wo es geschlafen hatte.

Die Grashalme waren nicht flachgedrückt oder umgeknickt, was mich schon fragen liess, ob ich das nur geträumt hatte. Aber es fühlte sich so echt an.. Um mich zu strecken, musste ich von meinem Versteck hervor kriechen. Vorsichtig schaute ich mich um, doch keine Gefahr war zu sehen.

Ich überlegte mir, was ich mit dem neuen Tag anstellen sollte. Irgendwann kam mir in denn Sinn, dass ich ja eigentlich einen Weg nach draussen suchen müsste.

Ein Gefühl sagte mir, dass ich besser nicht den Ausweg suchen ging. Doch ich entschied mich gegen mein Gefühl und machte mich durch Büsche und Sträucher auf den Weg. Während ich immer weiter durch den Wald lief, wurde der Drang in mir, den Ausgang nicht zu finden, immer stärker. Und dann, als ich nach stundenlanger Suche endlich den Waldrand gefunden hatte, wusste ich auch wieso. Niemand, nicht mal meine Freunde oder Familie, war am Waldrand und suchte nach mir! Dies versetzte meinem Herzen einen Stich und mein Magen verkrampfte sich. Warum soll ich zu ihnen zurück, wenn sich eh niemand um mich sorgt? Mit diesem Gedanken drehte ich mich traurig um und lief wieder zurück in den Wald hinein.

In den Wald, vor welchem sich alle fürchteten.

In den Wald, in dem ich mich ironischer Weise nicht alleine und verlassen fühlte.

In den Wald, in welchem ich mich fühlte, als wäre ich zu Hause.

Nach einigen Stunden durch den Wald schlendern, fand ich eine schöne, geeignete Stelle, um mein Nachtlager herzurichten. Ein kleiner Bach floss in der Nähe vorbei, dessen Wasser glasklar und eiskalt war. Vorsichtig hielt ich meine Hände ins Wasser und kühlte mich erstmal ab. Dann formte ich meine Hände zu einer Schale und trank gierig das Wasser daraus.

Mein Magen knurrte schon eine Weile, doch auf dem Weg hatte ich nichts Essbares gesehen. Ein Rascheln liess mich hochschrecken und in dessen Richtung schauen. Doch da war nichts. Nicht mal die Blätter von Gebüsch bewegten sich. Man, Rhianna, du wirst definitiv noch verrückt. Dann bevor ich mich wieder dem Wasser zuwendete, stach mir etwas ins Auge.

Da! Meinen Blick konnte ich nicht mehr davon abwenden. Ich hatte tatsächlich ein paar Beeren gefunden!

Voller Freude sprang ich über den Bach und stürzte mich wie eine bekloppte auf die Beeren. Halt! Sind die auch essbar?

Angestrengt versuchte ich mich daran zu erinnern, was wir in der Schule gelernt hatten. Ich konnte mich einfach nicht erinnern, was unser Lehrer zu diesen Beeren erzählt hatte. Mit gemischten Gefühlen liess ich sie fürs erste dort liegen und machte mich auf die Suche nach etwas anderem Essbaren.

Kraftlos setzte ich mich auf den Boden, nachdem ich eine grosse Runde gelaufen war und immer noch nichts zu Essen fand. Das hiess, dass ich mich bald an die Beeren wagen musste.

Unterwegs hatte ich mich erinnert, was der Lehrer über diese Beeren erzählt hatte. 'Diese Beeren sind nicht giftig, aber Vorsicht. Sie haben eine Zwillingsbeere, welche starke Halluzinationen hervorruft. Es gibt ein wichtiges Detail, von welchem man die Beeren auseinander halten kann.'

Leider konnte ich mich nicht an dieses Detail erinnern.

Hin und hergerissen lehnte ich mich an einen Baum und überlegte, was ich tun sollte. Die Sonne erhitzte die Luft, trotz dass sie wegen der vielen Bäume nur hie und da den Weg auf den Boden fand, was mir erhebliche Mühe einbrachte.

Ich hasste die Hitze. Viel lieber hatte ich es kalt oder wenigstens eine Temperatur bis Maximum 24 Grad Celsius. Jetzt waren es bestimmt gefühlte 50 Grad.

So kam es, dass ich mich noch einmal zum Bach hin quälte und meine Hände tief hinein tauchte.

Aah, tut das gut. Ich spürte, wie meine Hände sich abkühlten und die Kälte meinen Körper durch den Kreislauf zu kühlen begann. Wieder klaren Kopf wagte ich mich zu den Beeren.

Ich pflückte eine und sah sie mir ganz genau an. Vielleicht würde mir das Detail ja beim Betrachten einfallen. Aber es wolle mir einfach nicht in den Sinn kommen.

Tja, was solls. Gleich mit mehreren Beeren in der Hand, hielt ich sie ins Wasser und wusch sie. Dann ganz langsam führte ich, gegen mein Bauchgefühl, die erste Beere in meinen Mund.

Ich war zu hungrig, als dass ich auf meinen Instinkt hören wollte. Kaum hatte ich die erste gegessen, stopfte ich die anderen auch schon in meinen Mund.

Und ehe man hätte Beere sagen können, hatte ich alle verputzt. Irgendwie zu meinem Überraschen, war ich putzmunter und mir ging es super.

Moment. Hatte der Lehrer nicht gesagt, dass genau dies geschieht, wenn man die Halluzination-Beere ass? Ich wusste es nicht mehr. Mit zuckenden Schultern drehte ich mich ab und wollte noch eine kleine Runde drehen, bevor es dunkel wurde. Nach etwa zehn Minuten wurde es mir extrem heiss und ich musste eine Verschnaufpause einlegen. 'Nur schon eine Beere ruft die schlimmsten Halluzinationen hervor.'

„Wer hat das gesagt?", fragte ich, während ich mich einmal um mich selbst drehte. Sehen konnte ich niemanden.

'Mehrere Beeren können schon ab und zu zu psychischen Störungen leiten.'

Diese Sätze hallten in meinem Kopf.

Dies hatte uns der Lehrer ausdrücklich und mit warnendem Ton verklickert.

Na toll, Rhianna. Hast wieder mal ins Fettnäpfchen gegriffen..

Wissend, dass ich halluzinierte, wollte ich zurück zu meinem Schlafplatz.

Dann begann sich plötzlich alles zu drehen und ich verlor den Halt.

Bäuchlings auf dem Boden, versuchte ich mich aufzurappeln. Mein Blick glitt umher und sah die kuriosesten Sachen.

Ein Clown, der mich auslachte. Oh Gott, ich hasse Clowns!

Um die Angst zu vertreiben, schloss ich die Augen. Als ich sie kurz darauf doch wieder öffnete, wieso auch immer, war er nicht mehr da. Auf dem Rücken liegend sah ich dem Himmel empor und beobachtete, wie die vielen Vögel verschiedene Formationen tätigten, aber auf gleicher Stelle blieben.

Genau über mir. Hoffentlich scheisst keiner.. Kaum hatte ich das gedacht, sah ich, wie kleine Tröpfchen immer grösser wurden. Echt jetzt?!

Alles drehte sich und ich konnte weder klar denken noch sehen. Eine Bewegung in meinem Augenwinkel liess mich den Kopf in dessen Richtung reissen, was ich sofort bereute. Mein Kopf brummte so stark, dass die Schmerzen mir die Sicht nahmen und ich fast nichts sah.

Waren es denn auch die Schmerzen?

Ein Umriss kam auf mich zu. Es sah aus, als käme er auf allen vieren. Dann sah ich die Mähne.

Löwe! Kaum hatte ich das gedacht, wurde es mir schwarz vor Augen.

Der nächste Moment, den ich wahr nahm, sah ich kurz ein menschliches Gesicht.

Erkennen konnte ich durch meine verschwommene Sicht aber nichts.

Die Schwärze holte mich zurück, als ich versuchte mich zu konzentrieren. Das nächste mal, als ich erwachte, war ich schweissnass und hockte an einen Baum gelehnt.

Es schien mir schon ein bisschen besser zu gehen. Oder auch nicht.

Plötzlich kamen tausende von grossen Spinnen auf mich zu gerannt und alle hatten ein tollkühnes Lachen aufgesetzt.

Vor Angst hätte ich mir fast in die Hose gemacht, wenn mich die Dunkelheit nicht wieder eingemummt hätte.

„Ach, Rhianna, du musst mehr auf deinen Instinkt hören.", drängte eine Stimme in meine Ohr. Ich öffnete die Augen und erkannte, sobald ich mich an die Helligkeit gewohnt hatte, meine Augen! Oh Mann, wie lange geht das denn noch? Meine Sicht verschwamm wieder und die Dunkelheit zog mich zurück. Das nächste mal, als ich wieder aufwachte, lag ich Schweiss durchnässt unter einer Wurzel versteckt.

Mein Kopf hämmerte mir aufs Gröbste, was mir keine Chance liess, mich aufzusetzen. In der Hoffnung, dass das Hämmern nachlassen würde, schloss ich meine Augen und wollte schlafen. Ein Rascheln und Knacksen hielt mich davon ab.