Kapitel 2

Er hielt nach meinen Worten einige Sekunden inne. Dann sagte er mit müder und gleichgültiger Stimme: "Elena, wir waren damals zu jung. Wir verwechselten jugendliche Leidenschaft mit Liebe. Aber jetzt sind wir beide dreißig. Erst als ich Fiona kennenlernte, verstand ich wirklich, was Liebe ist."

Als ich das hörte, dachte ich, ich würde die Beherrschung verlieren – zumindest würde ich Norbert am Kragen packen und ihn anschreien, ihn schlagen. Doch stattdessen war ich seltsam ruhig. Obwohl mir die Tränen in die Augen stiegen, konnte ich mir ein bitteres, höhnisches Lachen nicht verkneifen.

Plötzlich klingelte Norberts Handy auf dem Nachttisch. Der helle Bildschirm durchbrach die Dunkelheit. In der Stille hörte ich eine sanfte und mitleidsvolle Stimme am anderen Ende: "Norbert, ich weiß, ich sollte dich nicht anrufen, wenn du zu Hause bist … aber draußen donnert es, und ich habe wirklich Angst …"

Ein beklemmendes Gefühl breitete sich in meiner Brust aus und raubte mir den Atem. Norbert jedoch senkte den Ton und tröstete sie: "Alles gut. Ich habe Elena schon alles erzählt. Sei brav und geh unter die Decke. Ich komme heute Nacht zu dir."

Um 2 Uhr nachts saß ich in Norberts Arbeitszimmer. Er sicherte seine Chatverläufe immer, aus Angst, wichtige Kundengespräche zu verlieren. Zum Glück hatte sich sein Passwort nicht geändert – es war immer noch Ivys Geburtstag. Ich scrollte durch seine umfangreichen Chatprotokolle mit Fiona. Es waren sage und schreibe 26.893 Nachrichten.

Letzte Woche schrieb Fiona Norbert eine SMS: "Norbert, ich habe heute Abend mehrere Gerichte gekocht. Ich habe zum ersten Mal gekocht – ich habe es extra für dich gelernt. Lob mich!"

Norbert antwortete prompt: "Fiona, du musst dich nicht verstellen, um mir zu gefallen. Du bist schon perfekt, so wie du bist. Ich liebe dich genau so – rein und schön."

Fiona schickte ein Emoji mit Tränen in den Augen und schrieb: "Norbert, du wirst mich so verwöhnen!"

"Was ist denn so schlimm daran, meine eigene Frau zu verwöhnen?"

Mit zitternden Händen scrollte ich weiter. Letzten Monat – genau an unserem siebten Hochzeitstag – hatte er nachmittags mit Fiona geschlafen. Selbst auf dem Heimweg konnte er nicht widerstehen, ihr eine Nachricht zu schreiben: "Es ist noch etwas rot. Denk daran, die Salbe heute Abend nochmal aufzutragen, okay?"

Fiona antwortete mit einem schüchternen Emoji: "Verstanden~ du kleine Angsthase. Es ist alles deine Schuld, ich will das nie wieder von hinten machen! Aber Norbert, kannst du mir etwas versprechen? Fass sie nicht mehr an... Allein der Gedanke daran, wie du sie küsst, lässt mein Herz schmerzen, als würde es gleich zerbrechen."

"Ach, wir haben das heute Nachmittag schon achtmal gemacht. Ich bin ja nicht aus Eisen."

Ich scrollte gefühlt ewig. Endlich fand ich ihre Chatprotokolle von vor zwei Jahren, kurz nach ihrem ersten Mal. Damals nannte Fiona ihn noch nicht "Norbert": "Herr Norbert, was letzte Nacht passiert ist, war meine Entscheidung. Sie müssen keine Verantwortung übernehmen. Ich weiß, Sie haben mich nur umarmt und geküsst, weil Sie betrunken waren, ich verstehe das. Es reicht mir, Sie einmal zu haben. Aber ich möchte trotzdem, dass Sie wissen … Sie waren mein erster Mann."

Es war deutlich, dass Norbert innerlich zerrissen war. Er antwortete erst in den frühen Morgenstunden: "Das bisschen Alkohol reichte nicht aus, um mich betrunken zu machen. Ich habe dich geküsst... weil ich nicht anders konnte."

Mir war übel. Ich konnte nicht mehr lesen. Nachdem ich alle Chatverläufe auf einem USB-Stick gesichert hatte, umarmte ich mich fest und krümmte mich im Sessel zusammen. Schluchzend entfuhr es mir – ich wollte laut aufschreien, musste es aber unterdrücken, aus Angst, Ivy im Nebenzimmer zu wecken. Mein Herz fühlte sich an, als würde es in tausend Stücke zerrissen.

Nach all den Jahren hatte ich mich so sehr daran gewöhnt, Norbert an meiner Seite zu haben. Plötzlich loslassen zu müssen... so zu tun, als würde es nicht weh tun, war unmöglich.