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Kapitel 5 Wie sehr liebst du mich?

Die Penthouse-Suite war voll ausgestattet und grenzte an einen Teesalon im Freien, der in erfrischende Pastellfarben und die Morgensonne getaucht war. Es hätte ein erbauliches Ambiente sein müssen, wenn man die knarrende Stimme hätte ignorieren können.

"Warum hat er mich noch nicht gesucht?"

"Hat das seine Besessenheit geweckt? Das funktioniert bei meinem Mann überhaupt nicht!"

"Hör auf, davon zu reden. Das macht mich nur wütend! Der Typ gestern war so peinlich! Ich habe viel Geld bezahlt, und er kann nicht mal ein anständiges Auto fahren!"

"Meinst du das ernst? Bist du wirklich ein Beziehungsexperte?"

Der scharfe, bissige Tonfall ließ Isaac fast die Kinnlade herunterfallen.

Ein Beziehungsexperte?

Sie bezahlte jemanden, um eine Show abzuziehen?

Isaac warf einen Blick auf seinen Chef, der neben ihm stand und dessen Miene sich verfinsterte, und wandte sich instinktiv von ihm ab, denn in seinen Augen lag ein eisiger, mörderischer Blick.

Nanci war erst verblüfft, als sie Edward erblickte, dann leuchteten ihre Augen vor Freude auf. In einer Sekunde änderte sie ihren Tonfall, ihre Stimme wurde kränklich süß. "Edward! Was führt dich hierher?"

Edwards Zorn war mit Händen zu greifen.

Unbeeindruckt von seinem zornigen Blick kam Nanci mit kleinen, eiligen Schritten herüber. "Bist du meinetwegen hier? Du magst mich doch noch, oder?"

Als sie sich fast auf ihn stürzen wollte, wich Edward mit eisigem Blick gekonnt aus.

Als Nanci das sah, blieb sie erschrocken stehen, lächelte aber schnell wieder. "Edward, ich weiß, dass ich dir noch etwas bedeute. Du bist nur zu schüchtern, mir deine Liebe zu gestehen! Mach dir keine Sorgen. Ich werde dich nicht auslachen..."

"Halt die Klappe!" Edwards Stimme klang streng, während die Adern auf seiner Stirn pochten.

Er warf Isaac einen grimmigen Blick zu, der den Kopf einzog und dann mit tiefer Stimme fragte: "Wer war der Mann, der dich gestern Nachmittag mitgenommen hat?"

Nanci, deren Gesicht zunächst ausdruckslos war, dann aber einen Anflug von Erkenntnis zeigte, schlang ihm die Arme um die Taille. "Bist du eifersüchtig? Wir lassen uns scheiden. Wenn es dir wirklich egal wäre, wärst du nicht mit dieser Frage gekommen."

Ihre Wangen röteten sich, sie kicherte schüchtern und hielt sich den Mund zu.

Nach dem, was er gerade gehört hatte, und dem selbstgefälligen Blick, den sie jetzt aufsetzte, konnte Edward sich die ganze Geschichte zusammenreimen.

Edward hasste diese Intrigen, besonders von solch dummen Frauen. Mit zusammengebissenen Zähnen wünschte er sich nichts sehnlicher, als diese Beziehung auf der Stelle zu beenden. "Pack deine Sachen. Lass uns zum Familiengericht fahren und die Scheidung einreichen!"

Während der ganzen Fahrt sah Nanci ihn traurig an.

Edward schloss die Augen und ruhte sich aus, ohne ein Wort zu sagen.

Doch je länger er darüber nachdachte, desto merkwürdiger kam es ihm vor.

Als er vorhin von der Scheidung gesprochen hatte, hatte sie am Boden zerstört gewirkt, aber gerade eben hatte sie schnell nach ihrem Ausweis gegriffen, als wäre sie darauf vorbereitet gewesen.

Und wenn sie ihn schon mit einem anderen betrügen würde, warum sollte sie ihn nicht gleich ins Hotelzimmer locken?

Wenn es ihr gelänge, einen Skandal auszulösen, könnte sie ihren Status als Frau Clarkson bekannt geben. Wäre das nicht viel vorteilhafter für sie?

In den drei Jahren ihrer Ehe hatte sie nie Ärger gemacht, ihm nie Schwierigkeiten bereitet, nie Grenzen überschritten und sich immer fügsam gezeigt. Warum der plötzliche Wandel?

Plötzlich öffnete er die Augen und sah die Frau an seiner Seite an.

Nanci hatte ihn schon seit mehr als zehn Minuten verärgert angesehen, aber als sie sah, dass er sich nicht rührte, drehte sie endlich den Kopf und schaute mit freudigen Augen aus dem Autofenster. Sie waren fast da. In weniger als zehn Minuten würde sie die Scheidung hinter sich bringen und völlig frei sein!

Für einen Moment musste sie leicht lächeln.

Edwards Augen verengten sich, als er sie musterte, als hätte er sie nie wirklich gekannt.

Nanci spürte, wie er sie musterte, und drehte sich abrupt um, nur um in seine tiefblauen Augen zu blicken, die so scharf waren, als könnten sie alles durchschauen.

Ein Schauer lief ihr über den Rücken, und sie zwang sich zu einem Lächeln. "Edward, was starrst du so?"

"Herr Clarkson, Frau Ross, wir sind da."

Der Wagen hielt sanft vor dem Gebäude des Familiengerichts.

Nanci blickte mit trostlosem Blick aus dem Fenster, die Lippen fest zusammengepresst, die Augen voller Unwillen. "Edward, müssen wir uns wirklich scheiden lassen? Ich liebe dich doch. Ich will dich nicht verlassen."

Edward starrte sie sekundenlang aufmerksam an. "Liebst du mich?"

Nanci war verblüfft, sie hatte nicht erwartet, dass er sie plötzlich ansprach. "Natürlich."

"Wie sehr liebst du mich?"

Ein fast unmerkliches Zucken ging über Nancis Lippen.

Verlangte er ein Liebesgeständnis von ihr?

Wie unverschämt konnte dieser Mann sein?

Sie standen kurz vor der Scheidung, und doch suchte er bei ihr Bestätigung und eine Demonstration seines grenzenlosen Charmes.

"Edward, du bist makellos. Selbst dein ausdrucksloses Gesicht lässt mein Herz schneller schlagen. Jedes Mal, wenn du blinzelst, schlägt mein Herz schneller! Seit ich dich das erste Mal gesehen habe, habe ich mich in dich verliebt. Wenn ich etwas Dummes getan habe, dann war es sicher wegen deines wunderbaren Charmes! Das ist alles deine Schuld!"

Nach allem, was Nanci über Edward wusste, hasste er Komplikationen, Schwätzer und Menschen, die sich nicht für ihre Fehler entschuldigten, besonders wenn sie die Schuld auf andere abwälzten.

Sein Unsinn überzeugte sie beinahe, und ihr Lächeln wurde noch breiter. "Solange du dich nicht von mir scheiden lässt, Edward, bin ich zu allem bereit!"

Edward schwieg einige Sekunden, dann blickte er in ihr strahlendes Gesicht. "Wirklich?"

Nanci hatte nicht damit gerechnet, wie schnell sich sein Gesichtsausdruck veränderte.

Was war los mit diesem Mann?

Warum hatte er ihr nicht gesagt, dass sie sofort aus seinem Auto aussteigen sollte?

"Dann gib mir die Telefonnummer des Mannes von gestern."

Nanci verschluckte sich und rang um Fassung.

Ihre Blicke trafen sich.

Der Mann stellte sie auf die Probe, und die Frau geriet in Überraschung und Panik.

Ein plötzliches Klingeln durchbrach die unheimliche Stille im Auto.

Es war der Anruf der Familie Clarkson.

Edward warf ihr noch einmal einen tiefen Blick zu, bevor er den Anruf entgegennahm, die Stimme am anderen Ende der Leitung drängend, aber bemüht, ihre Besorgnis zu verbergen. "Olivia geht es sehr schlecht. Komm sofort zurück."

Im Taxi lehnte Nanci am Fenster und beobachtete mit strengem Blick die vorbeiziehende Landschaft.

Plötzlich erhielt sie eine Nachricht von Brian. "Wie ist es gelaufen? Er hat doch nichts von deiner Schauspielerei gemerkt, oder?"

Nancis Show im Hotel sollte Brians Flucht ermöglichen. Mit seiner jahrelangen Fluchterfahrung würde ihm das nicht schwer fallen.

Nanci atmete tief durch, als sie schrieb: "So schlau wie dieser Mann ist, hat er wahrscheinlich schon Verdacht geschöpft."

Zu ihrem Glück ließ der Anruf der Clarksons Edward gerade keine Zeit für weitere Fragen.

Aber Olivia...

Brian schrieb: "Versteck es so lange wie möglich. Wenn er deine Lüge durchschaut, sag ihm die Wahrheit und bitte ihn, dir zu helfen, die Familie Ross zurückzugewinnen, damit du im Gegenzug seine Großmutter retten kannst. Eure Ehe ist ein Schwindel. Nutze seine Macht und seine Beziehungen. Wenn es zwischen euch funkt, könnt ihr vielleicht sogar ein richtiges Paar werden!"

Nanci entgegnete: "Nein, diese Ehe muss enden, und Edward muss derjenige sein, der sie beendet!"

Brian verstand nicht, warum Nanci auf der Scheidung bestand.

Wenn es nur wegen ihrer bösartigen Schwiegermutter und Schwägerin war, dann hatte sie doch Mittel und Wege, mit ihnen fertig zu werden.

Warum zerbrach sie sich den Kopf über die Scheidung und bestand darauf, dass Edward derjenige war, der sie vorgeschlagen hatte?

Aber er drängte sie nicht weiter. "Also gut, die Sachen, die du brauchst, sind in meinem Zimmer. Geh sie holen. Ich werde die nächsten Tage nicht zurückkommen, und du bleibst hier, bis sich der Zustand deiner Großmutter stabilisiert hat."

Die Sonne stieg langsam höher, ihr goldenes Licht hüllte die Stadt ein, ein Windhauch bewegte die Blätter im Sonnenlicht.

Nanci betrat ein Café und suchte sich einen Platz am Fenster.

Zwei Minuten später brachte eine junge Frau in Uniform zwei Getränke.

"Hier ist Ihr Opossumkuchen und Ihr Kaffee."

Ihre Worte waren sanft, aber sie stellte die Teller mit einem dumpfen Geräusch ab und setzte sich dann mit verärgerter Miene direkt vor sie.

Nanci wich ihrem Blick aus und sah sie an, bevor sie ihren Löffel aufhob. "Könntest du nicht so beleidigt gucken, als hätte ich dich ausgenutzt?"

"Tust du mir das nicht an? Du versperrst mir den Weg zum Reichtum und beutest meinen Mehrwert aus! Du bist ein Geizhals, genau wie Felix Grandet!"

"Ich heiße Nanci."

"Nanci Felix Grandet!"

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