
Zusammenfassung
„Frau Watson, wie von dir gewünscht, haben wir eine Leiche vorbereitet, die dir aufs Haar gleicht. Sie wird in zehn Tagen zu deiner Hochzeit mit Herrn Francis geliefert.“ Als Simone diese Bestätigung am anderen Ende der Leitung hörte, löste sich ein wenig die Anspannung in ihr. „In Ordnung, vielen Dank.“ „Gern geschehen. Sei versichert, niemand wird diese Leiche jemals anzweifeln.“ Mit dieser Zusicherung atmete Simone tief durch. Nachdem sie ein letztes Mal die Einzelheiten der Lieferung bestätigt hatte, beendete sie das Gespräch und stieß die Tür zum Separee auf. Das lebhafte Geplauder im Raum verstummte augenblicklich, als sie eintrat.
Kapitel 1
„Frau Watson, wie von dir gewünscht, haben wir eine Leiche vorbereitet, die dir aufs Haar gleicht. Sie wird in zehn Tagen zu deiner Hochzeit mit Herrn Francis geliefert.“
Als Simone diese Bestätigung am anderen Ende der Leitung hörte, löste sich ein wenig die Anspannung in ihr.
„In Ordnung, vielen Dank.“
„Gern geschehen. Sei versichert, niemand wird diese Leiche jemals anzweifeln.“
Mit dieser Zusicherung atmete Simone tief durch. Nachdem sie ein letztes Mal die Einzelheiten der Lieferung bestätigt hatte, beendete sie das Gespräch und stieß die Tür zum Separee auf.
Das lebhafte Geplauder im Raum verstummte augenblicklich, als sie eintrat.
Tom Francis, der in der Mitte der Runde saß, sprang sofort auf und ergriff ihre Hand. Mit sorgenvollen Augen gebärdete er ihr zu.
„Simone, du warst so lange weg. Geht es dir nicht gut? Ich kann dich sofort nach Hause bringen, damit du dich ausruhen kannst.“
Tom machte Anstalten, sie wegzuführen.
Als Simone sich in seinem besorgten Blick widerspiegelte, unterdrückte sie das bittere Gefühl in ihrer Brust und schüttelte den Kopf.
„Mir geht's gut. Macht nur weiter.“
Nach ihren wiederholten Versicherungen führte Tom sie schließlich zu ihrem Platz zurück und setzte sich neben sie.
Die Stimmung im Raum erwärmte sich allmählich wieder, bis plötzlich jemand fragte: „Tom, du und Simone, ihr heiratet doch bald. Was machst du dann mit deiner kleinen Assistentin?“
Bei diesen Worten gruben sich Simones Nägel in ihre Handflächen und ihr Gesicht wurde bleich.
Jemand stieß den Sprecher mit dem Ellbogen an. „Simone ist doch hier - pass auf, was du sagst.“
Der Mann zuckte mit den Schultern, sein Ton gleichgültig. „Was soll's? Simone kann uns doch nicht hören. Mich interessiert nur, wie Tom seine kleine Geliebte loswerden will.“
Alle Blicke richteten sich auf Tom.
„Wahrscheinlich bleibt alles beim Alten“, erwiderte er beiläufig, während er eine Garnele schälte und in Simones Schale legte. Dann fuhr er fort: „Sie ist nur ein kleines Spielzeug zur Zerstreuung. Die einzige Frau, die ich liebe, ist Simone.“
„Aber wenn Simone es jemals herausfinden würde, würde sie mich sofort verlassen. Deshalb habe ich dafür gesorgt, dass es geheim bleibt. Auch nach der Hochzeit wird sie nie davon erfahren.“
Sein Blick schweifte durch den Raum, eine Warnung in den Augen. „Und ihr haltet am besten alle den Mund. Wenn es jemand wagt, Simone davon zu erzählen, will er lieber nicht wissen, was ich mit ihm mache.“
Die Runde, allesamt erfahrene Mitglieder der wohlhabenden Elite, ließ sich von solchen Geständnissen nicht aus der Ruhe bringen. Für sie war Untreue so selbstverständlich wie Atmen, und Toms Antwort rief nur bewunderndes Gemurmel hervor.
„Mann, Tom, das ist hart. Sogar meine Frau weiß von meinen Affären.“
„Das liegt daran, dass Tom nicht wie du ist. Er nimmt seine Ehe ernst.“
Plötzlich leuchteten jemandes Augen schelmisch auf. „Tom, da Simone nichts hören kann, hast du mit deiner Assistentin schon mal ... na, du weißt schon ... im Haus?“
Die unvollendete Frage ließ viel Raum für Fantasie.
Tom lachte, drehte den Verlobungsring an seinem Finger und antwortete lässig: „Natürlich. Das ist ... aufregend.“
Der Raum brach in tosenden Applaus aus, Daumen wurden anerkennend hochgereckt.
„Mann, Tom, du stehst ja auf das Aufregende!“
„Ich wette, du hast jede Ecke des Hauses ausprobiert. Ich könnte vor Neid platzen!“
„Sieht aus, als würde dich die Ehe mit Simone überhaupt nicht einschränken.“
Die Schmeicheleien nahmen kein Ende, doch niemand bemerkte, wie sich Simones Griff um den Löffel verkrampfte und ihre Knöchel weiß wurden.
Niemand wusste, dass sie ihr Gehör schon lange zurückgewonnen hatte.
Und niemand ahnte, dass sie bereits beschlossen hatte, Tom zu verlassen.
Am Hochzeitstag würde Tom nur eine Leiche erwarten, die Simone wie aus dem Gesicht geschnitten war.
Tom bemerkte, dass Simone die Garnele in ihrer Schale nicht gegessen hatte, und fragte sie schnell: „Simone, warum isst du nicht?“
Simone blickte den Mann an, dessen Augen voller Sorge waren, und zwang sich zu einem schwachen Lächeln.
„Worüber habt ihr gerade gesprochen? Ihr wart so aufgeregt.“
Tom lächelte warm und drückte einen sanften Kuss auf ihren Handrücken.
„Sie haben unsere Liebe bewundert und gesagt, dass wir das glücklichste Paar der Welt werden.“
Dann formte er mit seiner Hand das „Ich liebe dich“-Zeichen.
Die anderen im Raum tauschten wissende Blicke, und Simone erkannte den Spott in ihren Augen.
Ihr Herz fühlte sich an, als wäre es in Eiswasser getaucht worden - kalt genug, um es zu betäuben.
Sie hatten über seine Affäre mit einer anderen Frau gesprochen, und doch konnte er die Wahrheit so mühelos in eine Liebeserklärung verdrehen.
Tom, oh Tom, ich wusste nicht, dass du so schön lügen kannst.
