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Broken Souls - Gebrochene Seelen

89.0K · Vollendet
Hannablktr
75
Kapitel
4.0K
Lesevolumen
9.0
Bewertungen

Zusammenfassung

ɴᴏᴀʜ ᴜɴᴅ ᴍᴇɢᴀɴ Zwei Menschen die unterschiedlicher nicht sein könnten. Noah genoss eine privilegierte Kindheit, Megan lernte früh das in dieser Welt nur die Starken überleben. Während Noah in einer Gesellschaft, geprägt von Reichtum und Überfluss lebte, musste Megan ihrer Mutter helfen die Miete zu begleichen. Doch auch Noah hat vor nicht allzu langer Zeit einen Verlust erlitten. Noah Summers versucht sich damit abzufinden, dass er sein Leben in Kalifornien hinter sich lassen musste, um in das verregnete Seattle zu ziehen. Er hatte große Pläne, wollte Schriftsteller werden. Jetzt hat er nichts. Ungeachtet dessen wird an einer der besten Universitäten des Landes angenommen. Dort findet er, trotz vorherigem Missmut schnell Anschluss. Gerade als er sich ansatzweise mit seinem neuen Leben zurecht gefunden hat, taucht eine Person auf, die seine Ansichten völlig infrage stellt. Megan Jefferson versucht ihr Leben in vollen Zügen zu genießen. Sie ist eine Realistin, die darum kämpft, ihre Träume nicht aus den Augen zu verlieren. Sie vertritt ihre eigene Meinung, egal wie sehr sie damit von der Norm abweichen mag. Doch was passiert wenn beide Welten aufeinander treffen? Entsteht dann etwas einzigartiges oder zerstört eine die andere? Achtung! Dieses Buch enthält Kraftausdrücke sowie auch nicht Jugendfreie Szenen die unter anderem triggernd wirken könnten.

Bad boyGood girlRealitätFreundschaftBxGRomantikGeheimnisvollSpannungLiebe

Kapitel 1

|Machine Gun Kelly - I Think I'm OKAY|

⊏Noah⊐

Unauffällig betrachtete ich meine Mutter. Sie sah fröhlich aus, während sie mit einem Stapel Umzugskartons bepackt in die große, offene Küche trat. Sie stellte die Kartons neben die Spüle und stützte sich mit beiden Armen an der Kante ab. Ich musste mich nicht umdrehen, um zu wissen, dass sie mich über ihre Schulter beobachtete, das konnte ich ebenso gut aus dem Augenwinkel ausmachen.

"Mum", murmelte ich anklagend nachdem eine Weile nichts passiert war.

"Ich mache doch gar nichts", gab sie unschuldig von sich. Doch ich schüttelte nur langsam den Kopf und erhob mich von dem Stuhl auf dem ich saß. Meine schwarzen Haarsträhnen fielen mir dabei vereinzelt in die Stirn und ich strich sie zur Seite.

Heute war Sonntag. Morgen würde die zweite Woche an meiner neuen Universität beginnen. Ich sah aus dem Fenster, die präzise geschnittenen Vorgärten Seattles glänzten unnatürlich grün unter dem seltenen Licht der hellen Morgensonne- das lag zumeist daran, dass es Kunstrasen waren. Der Unterricht war nicht anders als in Kalifornien und ich hatte auch ohne eine Probe problemlos, obwohl es nicht Anfang des Semesters war, weiter Literatur studieren können.

Vermutlich verdankte ich das den Unmengen an Geld, die meine Mutter an die Schule gespendet hatte. Jedoch hätte eine Probe für mich auch keinen Weltuntergang bedeutet. Schließlich würde ich, so schien es, auch in dieser Schule Jahrgangsbester sein. Auch wenn es mir eigentlich scheißegal war, ob ich der Weltbeste war oder von der Schule flog.

Alles sowieso bedeutungslos. Ich fand keinen Sinn darin, egal wie oft ich die Sache auch drehte und wendete. Noch weniger verstand ich weshalb ich so gut darin war.

Auf diese Welt kommen, studieren und dann sterben. Das waren die bedeutungslosen Pläne bedeutungsloser Menschen. Ich hingegen wollte kein Leben führen, in dem man irgendwann darüber freute, dass sie seine Lieblings Show doch noch für ein Jahr weiterlaufen durfte.

Wenn man mir das erste mal begegnen würde, würde man mich sicherlich ohne diesen Gedanken zu hinterfragen für einen "Bad Boy" halten. Ich hasste diese Oberflächlichkeit fast genau so sehr, wie den Ausdruck an sich, denn ein Arschloch zu sein, machte einen in meinen Augen nicht gleich zu einem Jungen, dem alles außer Frauen am Arsch vorbeiging.

Eigentlich war ich ein richtiger Streber wenn man es so nahm. Jedoch nicht der bravste. Ich konnte ein ziemliches Arschloch sein und war nicht gerade für meine Sanftheit bekannt. Das galt nicht nur für Leute die mich provozierten oder versuchten, etwas aus mir zu machen, das ich nicht war. Ich hatte schon ein oder zwei Schulmitteilungen erhalten wegen angeblich auffälligen Verhaltens.

Ich liebte es eben zu diskutieren, zu widersprechen, Sachen infrage zu stellen, meine Meinung zu äußern, das nannte man Meinungsfreiheit. Die Lehrer schienen es dennoch nicht gerne zu sehen. Jedoch hatten meine guten Noten am Ende immer für sich gesprochen, wenn dieses Thema angeschnitten wurde. Nicht, dass es mich kümmern würde.

Ich wandte mich zur Tür und wollte gerade aus dem Raum gehen, als meine Mutter mich aufhielt. Sie trat mir in dem Weg und sah dieses Mal direkt in meine Augen, ich starrte zurück. Starrte und schrie stumm. Blau traf auf tiefes grün. Mein Vater hatte immer gesagt meine Augen sehen aus wie frisches Moos nach einem Regentag. Früher, als ich noch klein gewesen war, hatte ich es nicht verstanden, doch jetzt klammerte ich mich an eben diese Vorstellung. So armselig mich das auch machen mochte.

Gerade jetzt, da der Verlust meines Vaters noch so frisch war. Wie eine blutende Wunde, über die man ein Pflaster geklebt hatte.

Geradezu nutzlos. Aber hey, zwei Punkte für die guten Absichten.

Ich brach den Blickkontakt mit meiner Mutter ab und ging ohne ein weiteres Wort aus der offenen, weitläufigen Küche. In Kalifornien war alles so viel einfacher gewesen. Ich stieg die elegante Treppe, welche in den zweiten Stock führte hinauf. In meinem Zimmer angekommen, warf ich mich auf das Bett und schloss die Augen, nicht um zu schlafen, sondern lediglich um zu versuchen, mich zu entspannen, es waren noch sechs Wochen bis zu den Sommerferien. Sechs verdammte Wochen voller Klausuren und dem Druck nicht durchzufallen. Wenigstens konnte ich letzteres vernachlässigen.

|Heavy - Linkin Park|

⊏Megan⊐

Es war etwa viertel vor sieben, als ich eines der letzten Regale im Rose In einräumte und mich schließlich gegen eine der kalten, unangenehm rauen Steinmauern des Ladens lehnte. Ich war an das ständige Stehen während meiner fünf Stunden Schichten, die oft gleich nach der Schule begannen und normalerweise erst am Abend kurz vor Ladenschluss endeten gewöhnt. Ich hatte sogar Gefallen daran gefunden die Regale zu ordnen, zu sehen das alles seinen Platz hatte.

"Megan", riss mich eine Stimme aus meinen Gedanken. Christina stand mit einer großen Einkaufstüte in der Hand vor mir und sah mich besorgt an. "Ist deine Schicht nicht schon zu Ende?", fragte sie und blickte auf die Uhr. Schnell erwiderte ich: "Ja ich wollte nur schnell meine Sachen holen und dann bin ich auch schon weg", ich wollte mich schon abwenden da packte Christina mich am Arm und hielt mich fest. "Ist es wegen Cameron?", fragte sie. Cameron war bis vor vier Tagen mein fester Freund, bis ich es schließlich beendet hatte. Am Telefon. Du bist nicht das Problem. Es liegt an mir.

Ich wollte nicht mehr mit ihm zusammen sein. Danach hatte ich keinen seiner Anrufe mehr angenommen. Auch wenn er mich jeden Tag anrief. Es war vermutlich nur eine Frage der Zeit, bis er vor meinem Haus auftauchen würde. Cameron war nicht der Typ, der Dinge  unvollendet ließ.

Er war einfach nicht der Richtige, redete ich mir ein und seufzte "Nein, nein ich bin einfach nur erschöpft das ist auch schon alles".

"Achso, das verstehe ich", Christina schenkte mir eines ihrer strahlenden Lächeln. Als ich ihr das erste mal begegnet war, hatte ich Christina für das schönste Mädchen das ich jemals gesehen hatte gehalten. Sie hatte lange, glänzende schwarze Haare und sie dunkelbraunsten Augen die ich jemals gesehen hatte. Kein Wunder, dass Christina so viele Verehrer hatte und das obwohl sie erst seit drei Monaten in Seattle lebte, sie kam aus Mexico und hatte diesen typischen Akzent. Aber man würde auch so sehen das sie nicht von hier sein konnte, allein wegen ihrer Haut. Sie war Cafébraun. In Seattle regnete es fast das ganze Jahr über und die Sonne ließ sich so selten blicken, dass die Bewohner Seattles alle ungefähr den gleichen blassen Teint hatten. Irgendwo zwischen Eierschale und Pergament.

Ich bezeichnete meinen eigenen Hautton insgeheim als Milchkaffee mit zu viel Milch.

Seufzend nahm ich meine Jacke aus meinem Spind und streifte sie mir über. Christina öffnete bereits die Ladentür, schnell rief ich Arthur zu das ich jetzt nach Hause gehen würde. Zur Antwort wünschte er mir einen schönen Abend.

Christina und ich verließen den Laden und steuerten auf Christina's Mercedes zu, der auf dem Parkplatz stand. "Und? Was willst du heute machen?", fragte sie und blickte mich an. Inzwischen war es fast halb neun und ich seufzte und erwiderte gedankenverloren: "Ach du weißt schon, das übliche halt. Zum Mars fliegen, Falschparken, die Weltherrschaft an mich reißen."

Christina lachte.

Normalerweise hätte um diese Zeit Cameron's BMW direkt den ersten Parkplatz besetzt.

Und jetzt, da ich kein Auto hatte und der Bus nur im zwei-Stunden-Takt kam, hatte ich keine andere Möglichkeit gehabt, als Christina zu fragen, welche natürlich sofort angeboten hatte mich auch weiterhin abzuholen. Ich fühlte mich nicht wohl dabei, es fiel mir schwer andere um etwas zu bitten.

"Soll ich dich morgen zur Schule mitnehmen? Dein Haus liegt sowieso auf dem Weg"

Das war gelogen. Christina wohnte in einem der Villenviertel nahe der Innenstadt, während ich abseits und eine halbstündige Autofahrt von dieser entfernt lebte.

"Nein das ist wirklich nicht nötig", lehnte ich ab und lächelte sie an. "Ich nehme den Bus das geht schneller". Bevor sie noch etwas sagen konnte fragte ich: "Wie läuft es mit Cyril?", augenblicklich strahlte meine Freundin. Die restliche Fahrt erzählte mir Christina von ihrem Treffen mit ihrem festen Freund. Cyril und Christina waren das Traumpaar der Schule. Er war jedoch nicht arrogant wie die beliebten Typen aus den Büchern die ich früher- während einer Phase- so gerne gelesen hatte.

Die Landschaft zog an uns vorbei und ich beobachtete wie die offenen Flächen allmählich schönen Villen mit breiten Kunstrasenflächen und treueren Autos in der Einfahrt wichen. Gegen meinen Willen fragte ich mich auch dieses Mal wie es wohl sein mochte in einer dieser vor Geld nur so triefenden Gegend zu wohnen.

Alles hier stank nach Geld.

Sich nie zu Sorgen um seine Zukunft zu machen.

Wir hielten vor einem eben dieser Statussymbole und Christina stieg aus. Ich betrachtete die karamellfarbenen Hauswände und atmete tief ein. Beim Aussteigen stieß ich die angehaltene Luft wieder aus und blickte mich kurz um. Die Straße war auf beiden Seiten gesäumt von Extravaganz. Christina rief meinen Namen und ich hörte wie die Wohnungstür geöffnet wurde.

Als ich die Wohnung betrat schlug mir ein Schwall des Raumduftes entgegen, der auch immer etwas an Christina haftete. Ich zog meine Schuhe aus und hing die Jacke ordentlich auf. Dann folgte ich meiner Freundin in die Küche. Christina redete schon wieder von Cyril. "Du lächelst schon wieder so dämlich", teilte ich ihr, mit für mich ungewöhnlich genervter Stimme mit. Sie unterbrach ihren Redefluss und betrachtete mich eine Weile. Ich hielt ihrem Blick stand und sie fragte: "Heute Abend feiert Nathan eine Party", meinte sie unsicher und ich wappnete mich. "Er hat gefragt ob du auch kommst", innerlich verdrehte ich die Augen. "Ich verstehe nicht weshalb du ihn immer wieder zurückweist. Er gibt sich echt Mühe deine Aufmerksamkeit zu gewinnen. Er hat dir sogar eine Valentinstags Karte geschrieben!"

"Mit dem ersten Spruch den man im Internet findet", erinnerte ich sie und sah demonstrativ aus dem Fenster. Der Himmel war wie so oft wolkenverhangen. "Du kommst mit, keine Wiederrede", erwiderte Christina als wäre es beschlossene Sache und lächelte mich zufrieden an. "Ich habe nichts zum Anziehen und ich bin nicht in Stimmung, außerdem ist morgen Schule und wir schreiben eine Klausur.", erinnerte ich sie. Damit war die Sache für mich beschlossen.

Eine Weile schwieg meine Freundin und atmete tief ein und aus. "Okay", sagt sie während sie mich in ihre Arme zog und fest an sich drückte. Und dann lächelte ich doch.