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Kapitel 2: Vorstellungsgespräch

PASCAL

Ein wenig nervös schritt ich auf die Eingangstüre zu. Diese Kanzlei war einfach so riesig. Immerhin war das hier einer der Top Kanzleien unseres Landes. Ich schluckte doch schwer. Als ich vor der Türe stand, sah ich an dem Haus hoch. Hilfe. Worauf hatte ich mich da nur eingelassen? Ich atmete noch einmal tief durch und ging dann durch die Türe. Schon in der Eingangshalle waren ein Haufen Menschen. Der Empfang war wie die Dame am Telefon schon sagte direkt zu sehen. Ich ging darauf zu und da lächelte mich schon jemand sehr freundlich an.

"Guten Tag, Mister Darling nehme ich an?"

"Ja, der bin ich."

"Freut mich, ich bin Corinna McMain. Ich bringe sie zum Büro von Mister White. Folgen Sie mir bitte."

Ich nickte und Corinna ging voran. Sie steuerte einen von gefühlt Zwanzig Aufzügen an und drückte den Knopf. Schweigend stand ich neben ihr und dies machte mich noch nervöser. Ein Pling ertönte und der Aufzug kam. Sie drückte auf die Zehn. Auch noch ganz oben. Die Fahrt fühlte sich an, als würde sie kein Ende nehmen. Unterwegs stiegen noch zwei Herren ein, die Corinna und mir kurz zu nickten. Der eine Kerl musterte mich ein wenig angewidert. Ich ignorierte dies und er ließ sich von dem anderen Typen in ein Gespräch verwickeln. Die Zwei stiegen eine Etage unter uns wieder aus und wir fuhren noch eine nach oben. Endlich waren wir da. Wir gingen noch einen ewig langen Flur entlang und hielten dann vor einer Tür.

"Setzten Sie sich kurz, ich kündige Sie kurz an, okay?", lächelte sie mich freundlich an.

Ich konnte wieder nur nicken. Corinna klopfte, wartete auf einen Einlass und schloss die Türe dann hinter sich. Es dauerte auch nicht lange bis sie wieder heraus kam.

"Mister White holt Sie gleich herein. Viel Glück!"

Sie drückte ihre Daumen zusammen und ging dann wieder fort. Ich pustete Luft aus. Bei was hatte ich mich bloß beworben? Ich hatte so viele Kanzleien durch, dass es mir irgendwann egal war, wo ich war und ich die Recherchen zu den jeweiligen Kanzleien sein ließ. Ich konnte die White and Partner ja, aber ich hatte keine Ahnung, dass das so eine Nummer war. Da ging die Tür auf einmal auf und ich musste sehr sehr hart schlucken. Dort im Rahmen stand bestimmt die schönste Person die ich je gesehen hatte. Normalerweise war das immer Joel für mich gewesen, aber das war ja nun vorbei. Der Kerl war groß, schlank aber gut gebaut, trug seine schwarzen Haare ordentlich gegelt zur Seite und hatte stechend blaue Augen. Er hatte einen gut sitzenden Anzug an, der förmlich nach Geld roch.

"Pascal Darling?"

Gott, was eine markante und tiefe Stimme.

"Ja, das bin ich."

Meine Güte wie dumm. Ich war alleine hier draußen. Ich stand auf und ging auf den Kerl zu. Er streckte mir die Hand aus und begrüßte mich mit festem Druck und stelle sich mir als Mister White vor. Diesem Kerl gehörte das alles hier. Der war doch nicht viel älter als vielleicht Dreißig? Dann ließ er mich vorbei. Er ging an seinen Schreibtisch und zeigte mir mit einer Geste, dass ich Platz nehmen sollte. Meine Hände wurden eiskalt. Er nahm meine Unterlagen zur Hand und überflog diese offenbar noch einmal.

"Schön, dass Sie so spontan heute Zeit hatten."

"Kein Problem, ich danke Ihnen für die Zeit."

Er schmunzelte leicht, was ein Grübchen auf seiner von mir aus linken Wange zeigte.

"Ihr Zeugnisse sind sehr beachtlich und auch das Empfehlungsschreiben ihres vorletzten Arbeitgeber. Aber ich sehe, sie waren danach noch woanders und konnte dazu kein Schreiben finden?"

Oh, Scheiße!

"Ehm, ja... ich... ehm...

Er verschränkte seine Hände vor seinem Gesicht und durchbohrte mich so sehr mit seinen blauen Augen, dass ich beinahe die Fassung verlor. Am liebsten wäre ich aufgestanden und davon gerannt. Pascal, reiß dich am Riemen!, ermahnte ich mich selber.

"Kein Grund nervös zu sein."

Ich sah zum Boden.

"Ich habe keines bekommen, weil ich dort gefeuert wurde."

Ich merkte wie er sich in seinem Stuhl zurück lehnte und sah vorsichtig wieder hoch.

"Gefeuert?"

"Ich bin ungerechtfertigt entlassen worden!", feixte ich auf einmal. "Ein Kollege dort konnte mich nicht leiden und hat dafür gesorgt, dass ich gefeuert wurde in dem er Dinge aus der Firma in meinem Spind versteckt hat und dem Chef erzählt hat ich hätte das geklaut!"

Mister White sah mich eindringlich an und ich merkte irgendwie, dass er mir dies nicht glaubte. Dabei log ich ja nicht einmal.

"U-Und deswegen habe ich keine Empfehlung bekommen... selbst als ich noch mal nachgefragt hatte...", fuhr ich fort.

Er schwieg immer noch.

"Warum wollen Sie bei uns arbeiten?"

Entweder glaubte er mir doch oder es interessierte ihn einfach nicht. Ich seufzte lautlos aus.

"Ich suche seit zwei Monaten verzweifelt einen Job. Ich habe mich überall beworben als Assistent, aber nur Absagen bekommen. Ich möchte wieder auf eigenen Füßen stehen und nicht abhängig sein und auch wenn dies hier eine riesige und bekannte Kanzlei ist, wollte ich mein Glück versuchen. Jeder neue Job bringt neue Erfahrungen mit sich und ich mache meine Arbeit sonst gut, vorausgesetzt ich werde nicht für etwas bestraft, was ich nicht getan habe."

Damit konnte ich ihm erneut ein schmunzeln entlocken.

"Mal abgesehen von dieser Diebstahlsache sind ihre Unterlagen einwandfrei und Sie scheinen mir Köpfchen zu haben. Ich würde Ihnen gerne für die restlichen drei Tage der Woche eine Probearbeit anbieten. Sie würden übrigens mein Assistent werden, vorausgesetzt Sie kriegen den Job auch."

Ich riss die Augen auf. Ich würde für den Chef persönlich anfangen? Meine Hände wurden schwitzig, aber ich wollte die Chance zumindest nutzen und zeigen, dass ich meine Aufgaben machen konnte!

"Vielen Dank, ich würde das gerne annehmen."

"Sehr gut, Sie kommen morgen Punkt Acht Uhr direkt in mein Büro. Sekunde."

Er kramte in seiner Schublade herum.

"Hier haben Sie einen Spindschlüssel und eine Firmenkarte. Sollten Sie angestellt werden bekommen Sie eine mit ihrem Namen. Diese ist nur, dass Sie hier herum spazieren können und die Leute wissen, dass sie zur Kanzlei gehören. Ansonsten einigermaßen nett anziehen. Sie brauchen keinen Anzug, aber Jogginghose sollte natürlich auch nicht sein."

"Sicher. Danke sehr."

Ich nahm die Sachen an mich, verabschiedete mich und fuhr den ewig langen Weg wieder nach unten. Als ich am Empfang vorbei kam, sprach Corinna gerade mit jemanden. Doch sie sah mich wohl im Augenwinkel und ich nickte und zeigte ihr die Karte und den Schlüssel. Sie lächelte und zeigte mir einen Daumen hoch. Ich grinste zurück und ging dann endlich aus dem riesen Gebäude heraus. In meinem Auto musste ich erst einmal aufjubeln. Ich konnte es kaum erwarten, dies Drake zu erzählen, also fuhr ich schnell heim.

Als ich bei unserer Wohnung ankam, stand sein Auto bereits vor der Türe. Entweder hatte er gerade Pause oder schon Feierabend. Drake musste immer sehr flexibel in seinem Job sein, vor allem was die Arbeitszeiten angingen. Ich parkte und ging die drei Stockwerke zu unserer Wohnung rauf. Von außen hörte ich schon Lachen. Melanie war anscheinend auch da. Ich schloss auf und ein unwiderstehlicher Duft drang in meine Nase.

"Hallo?", rief ich.

"Küche!", rief Drake.

Ich ging zu den Beiden und begrüßte Drake mit einem Handschlag und Melanie drückte mich an sich.

"Du kommst gerade rechtzeitig zum Essen.", freute sich Mel.

"Hast du schon frei heute?", fragte ich meinen besten Freund.

"Ja, ist auch gut so. Bin total verspannt heute."

"Oh, das können wir nachher gerne ändern.", grinste Melanie und Drake tat es ihr gleich.

Ich verzog das Gesicht.

"Tu nicht so.", feixte Drake mich an. "Ich höre dich und Joel oft genug eure Verspannungen lösen."

Melanie lachte und ich lief rot an.

"Tja, nur dass das Thema durch ist."

"Was?"

Wir saßen dann gemeinsam beim Essen und ich erzählte meinen Freunden auf welche Art und Weise mich Joel abgeschossen hatte und wieso.

"So eine Ratte.", knurrte Drake. "Das hätte man auch anders machen können! Aber ich bin ehrlich, ich mochte ihn nie so richtig."

Ich lachte.

"Ist auch egal jetzt. Das Thema ist erledigt und immerhin kann ich die Woche Probearbeiten.", freute ich mich.

"Das ist toll, Pasi!", freute sich auch Melanie. "Wo denn?"

"Ehm bei der Kanzlei, White and Partner."

"Was, echt? Bei Christian White?! Direkt als sein Assistent?", rief sie auf einmal aufgeregt.

Ich nickte.

"Kennst du ihn?", fragte mein Kumpel seine Freundin.

"Nur mal flüchtig gesehen auf Galas. Mein Vater hat doch als Vizebürgermeister viele Kontakte und Christian White ist der Anwalt von seinem Chef. Du Glücklicher."

"W-Wieso ich Glücklicher?"

"Na, hör mal. Er sieht gut aus, du bist jetzt wieder Single, er ist reich, charmant und unglaublich nett!"

Ich lief knallrot an.

"Falls ich da arbeite, fange ich doch nichts mit meinem Chef an!"

"Ach, wieso nicht. Er ist doch auch erst Achtundzwanzig. Also perfekt für dich und er ist so heiß!“

Auf einmal bekam ich Kopfkino, wie mein heißer Chef mich auf seinem Schreibtisch durchnahm. Mir rauchte der Kopf und ich fuchtelte mit meinen Armen umher.

"Du stellst es dir ja schon vor!", erkannte sie offenbar an meiner Reaktion.

"N-Nein!"

Die Beiden lachten und ich verdrehte die Augen. Melanie schwärmte noch weiter beim Essen über diesen Kerl, doch ich hörte irgendwann nicht mehr zu. Immerhin wusste ich nun seinen Vornamen. Das nutzte ich aus und schmiss mich nach dem Abendessen an meinem Laptop, wo ich dann erst einmal Christian White googelte. Die erste Seite die mir angezeigt wurde war direkt die Webseite der Firma. Ich suchte unter Mitarbeiter meinen eventuell zukünftigen Chef. Er war tatsächlich erst Achtundzwanzig, hatte einige Schuljahre übersprungen und war schon früh nach Harvard um Jura zu studieren. Meine Fresse, war das ein Kerl. Ich schaute noch ein wenig weiter auf der Seite rum und informierte mich. Dann stand ich vielleicht die nächsten Tage nicht ganz so dumm da.

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