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Unter der Maske der Nacht

67.0K · Laufend
Déesse
66
Kapitel
57
Lesevolumen
9.0
Bewertungen

Zusammenfassung

Anibal ist ein professioneller Killer, der es gewohnt ist, emotionslose Aufträge auszuführen. Nach mehreren Morden erhält er einen neuen Auftrag: eine ihm unbekannte Frau zu eliminieren. Doch in dem Moment, in dem er sich anschickt, zur Tat zu schreiten, ändert sich etwas. Plötzlich ist er von ihrem Charme beeindruckt und ihr Verhalten verwirrt ihn. Anibal lässt sich von ihr mitreißen und wird zunehmend neugierig auf sie, anstatt sie zu töten. Im Laufe seiner Begegnungen mit der Frau entdeckt er, dass sie nicht das ist, was er dachte, und dass sie überraschende Aspekte ihrer Persönlichkeit verbirgt. Obwohl Anibal immer noch mit seiner Vergangenheit als Mörder verbunden ist, ist er zunehmend fasziniert von seinem Ziel, was ihn dazu bringt, seine Handlungen und sein Leben in Frage zu stellen. Die Erzählung folgt seiner Entwicklung zwischen den Versuchungen seines früheren Lebens und seinen wachsenden Zweifeln. Jede Begegnung mit der Frau ermöglicht es ihm, seine eigenen Emotionen und Wünsche besser zu verstehen, und veranlasst ihn, eine Zukunft in Betracht zu ziehen, die ganz anders ist als die, die er immer gekannt hat. All dies in einer ruhigen und introspektiven Atmosphäre, weit weg von Gewalt.

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Kapitel 1: Der Schatten der Mission

Annibal

Ich stand im Schatten am Rande der Gasse und starrte auf das Gebäude gegenüber. Die Nacht war von einer fast beunruhigenden Stille, und ich genoss diese Stille. Es war die Ruhe vor der Aktion, der Moment, in dem jedes Detail entscheidend wurde. Ich kannte diese Position gut: bewegungslos, perfekt getarnt, bereit, bei der geringsten Warnung zu handeln. Jeder Auftrag war zu einer gut geölten Routine geworden, einem stillen Tanz zwischen mir und meinem Ziel. An diesem Abend war es eine weitere Aufgabe, die ich meiner Liste hinzufügen konnte.

Die Mission war klar: ein neues Ziel, ein weiteres Leben, das ausgelöscht werden sollte. Sie war nur ein Name in einer Akte, ein Schatten, der beseitigt werden musste. Nichts Persönliches, nichts, was mich betraf. Es war nur eine weitere Transaktion für die Organisation, die mich für diese Arbeit bezahlte. Kein Platz für Gefühle, kein Platz für Menschlichkeit. Das war eine Regel, die ich mir von Anfang an auferlegt hatte: ein Geist zu sein, ohne Vergangenheit oder Zukunft, nur eine Aufgabe zu erfüllen.

Ich schaute aus dem Fenster der Wohnung, die Lichter waren aus. Die Frau lebte nach meinen Informationen allein. Ihre Gewohnheiten waren einfach: Sie ging früh zur Arbeit und kam spät nach Hause, ohne Ausnahme. Ein banales Leben ohne Geheimnisse oder Rätsel. Ich wusste, dass sie keine Schränke voller Leichen oder versteckte Dramen hatte. Sie war ein leichtes Ziel, eine Routine, die mein Auftragspanel bereichern würde. Nichts Außergewöhnliches.

Ich warf einen kurzen Blick auf meine Uhr: 23:30 Uhr. Es war an der Zeit. In ein paar Minuten würde sie nach Hause gehen, wie jeden Abend. Es gab nichts zu befürchten, nichts zu erwarten. Mein Plan war bereits klar in meinem Kopf: diskret in die Wohnung einzudringen, das zu tun, was ich tun musste, und wieder zu gehen, ohne eine Spur zu hinterlassen. Die Arbeit eines Profis.

Als ich mich gerade auf den Weg machen wollte, erstarrte ich plötzlich. Ein leises, fast unhörbares Geräusch ertönte in der Ferne. Ein Schritt auf dem Pflaster. Ich schloss die Augen und versuchte, die Geräuschquelle zu identifizieren. Ein Passant, wahrscheinlich. Ich behielt den Eingang weiterhin im Auge, aber dieses Mal spürte ich eine leichte Anspannung in mir. Als würde etwas Unerwartetes den reibungslosen Ablauf der Mission stören.

Ich spitzte die Ohren. Ein Geräusch, dieses Mal näher. Aber ich wandte meinen Blick nicht vom Gebäude ab. Das Adrenalin stieg leicht an, aber ich zwang mich, konzentriert zu bleiben. Die Beobachtung der Ziele war ein wesentlicher Bestandteil meiner Arbeit, und ich wusste, dass in diesem Moment alles passieren konnte. Ich konzentrierte mich auf die sich nähernde Gestalt. Eine Frau. Natürlich war sie nicht mein Ziel. Aber etwas an ihrem Auftreten erregte meine Aufmerksamkeit. Sie ging ruhig, ohne Eile, mit einem selbstsicheren Gang.

Als sie näher kam, bemerkte ich die leichte Brise, die ihr schwarzes Haar wellen ließ. Sie trug einen roten Schal, der im schwachen Licht der Straßenlaternen fast unwirklich wirkte, ein auffälliger Kontrast zur dunklen Nacht. Ich musterte sie, ohne den Blick abzuwenden, wie ich es bei all meinen Zielpersonen tat. Doch irgendetwas an ihr faszinierte mich. Es war nicht ihre Haltung oder ihr Aussehen, sondern ein seltsames Gefühl, als könne sie meine Gedanken lesen.

Plötzlich blieb sie stehen, direkt vor mir, ohne dass ich es erwartet hätte. Unsere Blicke trafen sich, und für den Bruchteil einer Sekunde fühlte ich mich schwindelig. Ich war es nicht gewohnt, gesehen zu werden, aufzufallen. Die Anspannung stieg in meinem Körper, aber ich blieb vollkommen still, versteckt im Schatten. Sie starrte mich einen Moment an, ohne besonders verängstigt zu wirken. Eher ... neugierig.

„Sie sehen verloren aus.“ Ihre Stimme war ruhig, sanft, ohne die geringste Spur von Besorgnis.

Ich blieb wie erstarrt stehen. Ich hatte diese Begegnung nicht erwartet, nicht damit gerechnet, mit meiner Zielperson zu sprechen, bevor ich sie neutralisiert hatte. Es war ein seltsamer, fast surrealer Moment. Ich wusste, dass es nicht der richtige Zeitpunkt war, mich von der Überraschung überwältigen zu lassen, aber etwas in der Luft störte mich. Ich antwortete nicht sofort und versuchte, die Situation einzuschätzen. Beobachten, diskret bleiben, immer. Aber diese Frau, diese Fremde, die vor mir stand, widersprach allen Regeln, die ich mir auferlegt hatte.

Ich sah sie einen Moment an. Sie sah nicht bedrohlich aus. Sie sah nicht so aus, als wüsste sie, wer ich bin, als wüsste sie, was ich im Schatten der Gasse mache. Ein Lächeln erschien auf ihrem Gesicht, ein sanftes Lächeln, fast wohlwollend. Es war, als wäre sie keine Fremde, sondern jemand, dem ich vor langer Zeit begegnet war.

„Nein“, antwortete ich schließlich mit einer heiseren Stimme, die ich lieber nicht gehabt hätte. ‚Ich habe nur eine Weile angehalten.‘ Es war eine Antwort, die nichts bedeutete. Aber sie reichte aus, um die Aufmerksamkeit abzulenken oder zumindest meine wahre Absicht zu verschleiern.

Sie hob eine Augenbraue und ein amüsiertes Lächeln zeigte sich auf ihren Lippen. „Und Sie haben hier angehalten, in dieser Gasse? Es ist ein bisschen ... einsam, nicht wahr?“

Ich schluckte und spürte, wie sich ein leichtes Unbehagen in mir ausbreitete. Das war nicht normal. Solche Situationen passierten mir nie. Ich sollte mich nicht von einem einfachen Gespräch stören lassen, schon gar nicht von einer Fremden. Und doch spürte ich etwas. Vielleicht Unbehagen oder eine Emotion, die ich schon lange nicht mehr gefühlt hatte: Neugier. Zum ersten Mal seit vielen Jahren fühlte ich mich beunruhigt.

Sie wartete auf eine Antwort, ihre Augen waren immer noch auf mich gerichtet, ohne Angst, fast neugierig. Sie sah mich nicht als Bedrohung, sondern als ein Rätsel, das es zu lösen galt. Sie trat ein paar Schritte zurück, ihr Blick immer noch auf mich gerichtet.

„Ich schätze, ich lasse Sie in Ihrer ... Einsamkeit zurück“, sagte sie lächelnd. “Aber wissen Sie, manchmal muss man wissen, wo man suchen muss, um sich selbst zu finden.“

Ich blieb still stehen und sah ihr nach. Ich hatte mich nicht bewegt, nicht reagiert. Ich wusste nicht einmal, warum ich keinen Weg gefunden hatte, ihr auszuweichen, warum ich diese Begegnung so hatte stattfinden lassen. Sie verschwand auf der Straße, und ich war wieder allein, in die Dunkelheit getaucht.

Ich nahm mir einen Moment Zeit, um mich zu beruhigen. Ich musste mich auf die Mission konzentrieren. Es war nur ein Rückschlag, ein seltsamer Moment. Nichts weiter. Dennoch fragte ich mich, ob in dieser Nacht alles wie geplant verlaufen würde.