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Kapitel 5: Guter Tag, schlechter Tag

AVERY

„Wow, in Real bist du ja richtig hübsch.“, sagte Dominic, als er vor unser Haus fuhr und mich abholte.

Er hatte sich doch spontan entschieden, mich einzusammeln. Ich lief direkt rot an. Wir hatten die ganze Woche noch geschrieben und auch mal telefoniert. Ich fühlte mich ihm ein wenig näher und jetzt stand er vor mir. Er sah wirklich unglaublich aus.

„D-Danke... du aber auch.“, murmelte ich.

„Nicht so schüchtern mein Hübscher. Steig ein.“ Ich setzte mich neben ihm und wir fuhren los. Die Fahrt war richtig angenehm, wir redeten, das Radio lief und es war total entspannt. Meine Aufregung legte sich immer mehr. Der Park war etwa eine Stunde entfernt. Wir waren schon so früh los gefahren, damit wir direkt zur Öffnung rein konnten und den ganzen Tag Zeit hatten, um auch alles ansehen und fahren zu können. Ich freute mich wie ein kleines Kind. Als wir da waren, kam Dominic sogar um das Auto herum und hielt mir wie ein Gentleman die Türe auf. Ich errötete und er grinste mich an. Er hielt mir die Hand hin, die ich dankbar annahm und ließ sie auch bis zur Kasse nicht mehr los. „Zwei Erwachsene bitte.“

„Nein, Moment. Ich zahle meines schon selber.“, protestierte ich.

„Nix da, war ja immerhin meine Idee.“, lächelte er und ich wurde schwach.

„Okay, dann danke.“, freute ich mich.

Er zahlte und nahm sich wieder meine Hand. Wir fingen direkt vorne an mit einem Simulator, der eine Fahrt durch das All darstellte. Es war witzig, aber nicht so unser Ding. Danach folgte eine Achterbahn. Da es im November natürlich nicht mehr so warm war und das auch die letzten Tage vor der Jahresschliessung war, waren dementsprechend auch nicht mehr alle Fahrgeschäfte offen. Aber das war nicht schlimm. Wir aßen auch zwischendurch was, kauften Süßes und saßen einfach irgendwo und unterhielten uns.

„Sollen wir noch Riesenrad fahren? Dann ist der Tag ja auch beinahe um.“

„Ohja.“ Wir kamen gerade an, als die letzte Runde endete. Laut dem Schild fuhr das Riesenrad etwa Zehn Minuten. Ich freute mich auf die Zeit die wir kurz alleine verbringen konnten. Langsam pendelte das Rad nach oben und stoppte ganz kurz, damit man die Aussicht genießen konnte. „Was für eine Aussicht.“, kreischte ich.

Dominic schmunzelte.

„Find ich auch, nur dass ich nicht diese Aussicht meine.“ Ich sah zu ihm hin und er schaute mich an. Ich lief rot an. Dominic kam auf meine Seite und nahm meine Hand. Sein Gesicht kam meinem immer näher. Oh Gott! Ich hatte seit einem Jahr niemanden mehr geküsst! Hoffentlich blamierte ich mich jetzt nicht! Er legte seine Hand in meinen Nacken und zog mich ran. Dann legte er seine Lippen auf meine. Er löste sich wieder von mir und sah mir einfach feste in die Augen…„Avery...“

„Ja...“

„Und jetzt... blas mir einen.“

Ich rückte von ihm weg. Was... was hatte er gerade gesagt? Das Riesenrad ruckelte wieder und fuhr weiter.

„Ich soll... W-Was...?“

„Na, was denn? Gehört doch zu einem Date dazu, oder? Sex.“

„S-S-Sex?“

„Ja, was dachtest du denn wieso ich mich darauf einlasse?“

„Eh... naja weil Malika meinte, dass du... ein Date suchst...“

Shit, sie hatte wirklich Date gesagt und ich hatte da zu viel hinein interpretiert.

„Genau ein Date. Ich fand es nett mit dir und ich würde dich wirklich gerne durch nehmen.“, grinste er auf einmal süffisant. Er legte seine Hand auf meinen Oberschenkel. Reflexartig stand ich auf und setzte mich auf die andere Seite. Dominic sah mich ernst an. Wir schwiegen kurz als das Rad unten ankam und dann langsam wieder hochfuhr. Als wir wieder aus der Reichweite von anderen waren, startete er einen neuen Versuch. „Komm schon, wir gehen in mein Auto, fahren irgendwo abseits und machen es.“ Er beugte sich über mich. Mein Herz pochte, aber eher aus Angst. Das Ding fuhr noch fünf Minuten und die kamen mir auf einmal ewig lang vor. Ich schubste ihn weg und er knallte zurück auf seine Bank. Finster sah er mich an. „Nun gut. Dann kann ich jetzt auch ehrlich zu dir sein.“

„E-Ehrlich?“

„Ja, eigentlich find ich dich ziemlich hässlich.“

Ein Schock fuhr durch meine Glieder. Hässlich... er hatte mich wirklich als hässlich bezeichnet...

„Aber du hast gesagt, ich sei...“

„Gott, ich wollte dich halt rum kriegen. Aber du siehst echt irgendwie Scheisse aus. Für nen Fick hättest du mir da gereicht, weil dein Körper so schon ganz gut aussieht. Aber auf eine Beziehung bin ich zur Zeit nicht aus und wenn dann auch nicht mit dir.“, unterbrach er mich.

Ich musste echt aufpassen, dass ich nicht los heulte. Ich wusste ja, dass ich nicht gut bei Männern ankam, aber hässlich?

„O-Ok, d-danke für die Einsicht...“, stotterte ich gedemütigt.

„Pff...“ Das Riesenrad hielt dann unten an und wir stiegen aus. „Na dann, Bye.“

Er wollte sich gerade umdrehen.

„W-Warte. Wie soll ich denn nach Hause kommen?“

„Ist das mein Problem?“

Dominic drehte sich um und ging. Ich stand wie angewurzelt da und die Leute guckten schon. Vor Scham lief ich rot an und machte mich erst einmal Richtung Ausgang davon. Ich holte mein Handy raus. Da sah ich wie er noch weg fuhr. So ein Mist, wie konnte ich nur denken, dass mich mal jemand gern haben könnte! Genau in dem Moment, wo ich irgendjemanden anrufen wollte, kam eine Nachricht von Evan rein.

Evan, 17:40: Na, wie läufts? ;)

Ich, 17:40: Er hat mich sitzen lassen.

Evan, 17:40: WAS?

Ich, 17:41: Erzähle ich dir später. Muss Mum und Dad anrufen. Jemand muss mich abholen.

Evan, 17:42: Ich frag meinen Dad, ob wir dich holen können. Deine Eltern sind bei uns und ein wenig angeheitert. Dad hat Freunde eingeladen.

Ich, 17:42: Ok, danke.

Evan, 17:45: Wir kommen. Halte durch. Bis gleich.

Ich steckte das Handy wieder weg und setzte mich auf eine der Bänke die vor dem Park standen. Dieser war noch bis Neunzehn Uhr geöffnet. Von daher war es hier nicht so unheimlich, weil noch Menschen anwesend waren. Die Stunde vertrödelte ich an meinem Handy und sah dann irgendwann auch, dass Dominic mich wohl in WhatsApp gesperrt hatte. Ich war echt traurig. Er war die ganze Zeit so süß und lieb zu mir gewesen und das nur, weil er mich flach legen wollte. Und ich Idiot hatte es nicht gemerkt, weil ich dachte, dass endlich mal wieder jemand Interesse an mir hatte.

„Ave!“, rief Evan dann endlich. Er rannte auf mich zu und nahm mich in den Arm. Ich war so froh, dass er da war und erwiderte dies. „Komm, Dad wartet im Auto auf uns. Und dann erzählst du mal was passiert ist.“

Wir liefen zu Marcus‘ Wagen rüber.

„Hey Ave.“

„Hey...“

Marcus fuhr los und Evan wollte sofort alles wissen.

„Was ist passiert?“

„Naja...“

Ich erzählte ihnen dann wie das alles bis zum Riesenrad ablief. Dass er mir Komplimente gemacht hatte und mich dann ganz oben geküsst hatte. Das es so schön war und er dann wollte, dass ich ihm einen blies.

„Wie bitte?“, fragte Marcus entsetzt.

„Ich war auch schockiert und wollte natürlich nicht. Er wurde daraufhin sauer und meinte er wollte nur ein Date wegen Sex und nicht wegen einer Beziehung... und...“

Auch wenn die Worte von jemanden kamen, den ich wohl nie wieder sehen würde, tat es unheimlich weh.

„Und?“, harkte Evan nach.

„Er sagte er würde mich sowieso nicht in Betracht ziehen, weil ich hässlich wäre und echt scheisse aussehe. Für den Sex hätte ich ihm aber wohl gereicht...“

Ich schluckte schwer und musste dann doch schluchzen.

„WAS? Das hat er zu dir gesagt?! Dass du hässlich bist?!“, giftete Evan.

Ich nickte und wischte mir die paar Tränen ab.

„Als wir unten ankamen ist er abgehauen.“

Evan fluchte vor sich hin.

„Ave, du bist nicht hässlich. Lass dir das bitte nicht einreden. Nicht von einem Menschen, der dich nicht kennt. Du bist wunderbar. Innerlich und äußerlich.“, lächelte mich Marcus im Rückspiegel an.

Mein Herz pochte. Weh tat es trotzdem. Mein Selbstbewusstsein war sowieso dauerhaft im Arsch, aber heute hatte es noch mal einen richtigen Kick bekommen.

„Ich schick Mali, direkt ne WhatsApp. Die kann sich den mal vornehmen. Ich glaube ich spinne!“

Ich musste ein wenig über die Wut meines besten Freundes schmunzeln. Evan war wirklich immer für mich da und deswegen liebte ich ihn so sehr. Natürlich auf freundschaftlicher Basis. Durch den Tag und den Schock wurde ich ein wenig müde und schlief ein. Ich bekam nichts mehr mit, nicht mal als wir zu Hause ankamen.

Umso verwirrter war ich, als ich Nachts wach wurde und eindeutig nicht in meinem oder Evan‘s Bett lag! Ich rieb mir den Schlaf aus den Augen und wartet bis ich mich an die Dunkelheit gewöhnt hatte. Ich lag nur in meiner Boxershorts im Bett und war alleine. Wo war ich? Auf einmal ging die Klospülung und jemand kam in das Zimmer. Das Licht im Flur war schwach, aber ich konnte ihn erkennen. Marcus.

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