Bibliothek
Deutsch
Kapitel
Einstellungen

2. Erwachen

Blinzelnd schlug ich meine Augen auf als ein krachendes Geräusch ertönte. War das die Eingangstür? Völlig orientierungslos lag ich am Boden hinter der Bar und drehte mich erstmal auf die Seite. Fuck. Zischend holte ich Luft, als es mir wieder einfiel, was passiert war. Erneut hörte ich wie etwas auf den Boden fiel. Gläser? Jetzt konnte ich auch Stimmen vernehmen.

"Wo versteckt sich der Dreckskerl nur?!"

Und wieder hörte ich, wie wieder etwas auf den Boden knallte. War es diesmal ein Stuhl? Die Bar hatte auch Sitzecken, in denen man sich etwas zurückziehen konnte. Ich versuchte mich so leise wie möglich, unter Schmerzen weiter hinter die Bar zu verstecken, was mit meiner Größe ja nicht allzu schwierig war. Die Geräusche kamen näher.

"Ich weiß es nicht aber wir werden ihn bestimmt in die Finger kriegen."

Stampfende Schritte liefen nur ein paar Zentimeter neben mir vorbei Richtung Büro.

Was war hier nur los?!

"Schlag du dich hier vorne durch, ich geh nach hinten und sehe nach, ob ich etwas finde."

Ich hörte wie die Tür zum Büro eingetreten wurde und wie es auch hier vorne wieder lauter wurde. Jemand fing anscheinend an die Bar zu demolieren. Na super. Besser konnte es ja nicht werden und Ich mittendrin. Ich schaute vorsichtig, so weit es mir möglich war um die Ecke und entschied mich nach dem Anblick eines halben Schrankes, der die Möbel mit einem Baseballschläger auseinandernahm, mich doch weiter hinter meiner "lauschigen Ecke" zu verstecken.

Vorerst.

Hinter der Bar gab es zum Glück nichts Spannendes zu sehen oder zu holen, da ich die Kasse ins Büro gebracht hatte. Welch ein glücklicher Zufall, dass ich vor lauter Hektik vergessen hatte, sie in den Tresor zu sperren.

"Wouhh, sieh mal an, was ich gefunden habe!" ertönte eine laute Stimme.

Die stampfenden Schritte von vorhin kamen wieder nach vorne in den Hauptteil der Bar.

"Da hat wohl jemand vergessen, die randvolle Kasse in den Tresor zu sperren. Umso besser für uns."

Ich verdrehte die Augen. Ihr Glück mindestens genau so wie meins, sonst könnte ich hier nicht so friedlich sitzen. Ich duckte mich weiter in meinem Versteck und beschloss einfach auszuharren. Plötzlich hörte ich wie etwas einrastete.

"Ich hab eine Idee, wer mehr Flaschen hinter der Bar trifft, bekommt das Geld."

„Alles klar", ertönte die andere Stimme und schon fielen Gläser und Flaschen mit allen möglichen alkoholischen Spirituosen um mich.

Flaschen platzten auf den klebrigen Boden und auch die Gläser die gespült auf der Anrichte standen, schlugen auf. Nach ein paar Sekunden lag alles in Scherben vor mir. Wie ich hier rauskommen sollte, war mir immer noch nicht klar und sehr sehr schleierhaft. Meine Kopfschmerzen vom Sturz kamen pochend zurück. Mit einem schnellen Blick schaute ich auf mein verletztes Bein und stellte zu meinem Erstaunen fest, dass die Wunde nicht mehr blutete und schon fast so aussah als würde sie heilen! Was?! Das war nicht möglich. Im Hintergrund konnte ich nähernde Polizeisirenen hören.

„Los!! Lass uns hier verschwinden!"

Die zwei Kerle rannten an mir vorbei. Mit einem lauten Krach fiel die Hintertür ins Schloss und plötzlich war es sehr leise. Immer noch vorsichtig und mit Bedacht kroch ich aus meinem Versteck. Dabei kitzelten die Scherben in meiner Handfläche und hinterließen kleine Schnitte in der Haut. Ohne lang zu überlegen, was in der letzten halben Stunde passiert war, stand ich nun auf und lief ebenfalls nach hinten. Einfach schnell weg hier. Ich hatte dringend eine Dusche nötig und ein weiches Bett.

————————————————————

Ich sah schrecklich aus. Ein Vogelnest auf dem Kopf. Tiefe Augenringe. Blutige Kleidungsstücke und von meinen Schmerzen will ich gar nicht erst anfangen. Meine kleine Wohnung lag nicht weit entfernt und so erreichte ich sie nach kurzer Zeit. Ich lief die Treppen in den zweiten Stock nach oben und schloss die Tür auf. Meine Wohnung hatte etwa sechzig Quadratmeter. Ich hatte einen kleinen Flur mit einer Garderobe, welche mehr als überfüllt war mit meinen Jacken. Links vom Flur befand sich mein Schlafzimmer und mein schönes, helles Wohnzimmer. Die Küche war etwas kleiner, hatte aber dafür einen Esstisch mit Bänken. Aus hellem Holz und ganz roh behandelt, so wie ich es liebte. Rechts vom Flur, gab es direkt neben der Tür, mein Bad und eine abgegrenzte Toilette.

Ich lebte hier allein.

Mein jetziger Freund Jasper, wohnte ein paar Blocks entfernt. Wir waren erst seit ein paar Monaten zusammen und hatten uns bei mir in der Bar kennengelernt. Normalerweise ging ich dort nicht oder ließ mich geschweige denn, auf ein Treffen ein aber die blonden Locken und strahlend blauen Augen hatten es mir irgendwie einfach angetan. Naja und wie es so kam, lief alles super bei den ersten Treffen und wir probierten es miteinander.

Er arbeitete allerdings in einer Redaktion und spielte in einer höheren Liga als ich. Wie ich mir diese Wohnung leisten kann? Tia, meine Mutter, die am gefühlt

anderen Ende der Welt wohnt, hat sie mir hinterlassen, nachdem sie sich mittlerweite zum fünften Mal verlobt hatte. Diesmal mit einem Spanier und wie lang diese Beziehung halten

würde, weiß ich selbst noch nicht.

Ich ging also ins Bad und zog mich aus. Gar nicht so einfach. Meine Kleidung klebte an meinem Körper. Eins war sicher, ich konnte alles direkt in den Müll werfen. Nachdem alles auf dem Boden lag, stellte ich mich unter die Dusche und drehte das Wasser direkt auf. Das kalte Wasser traf auf mein Gesicht und wusch all den Dreck und das Blut von mir. Vorsichtig spülte ich meine Haare aus und massierte sanft eine kleine Menge Shampoo ein. Das Wasser wurde langsam wärmer und ich entspannte mich nach und nach. Das dreckige Wasser verschwand im Abfluss und ich streckte mein Gesicht dem Wasser entgegen. Langsam füllte Dampf das ganze Badezimmer und mein Spiegel über dem Waschbecken lief an. Es roch frisch und etwas holzig, fast wie Zedernholz. Grundsätzlich nutze ich nur Männershampoo oder Duschgel. Einfach himmlisch. Ich liebte den herben und belebenden Geruch in meiner Nase. Das klebrige und süße Zeug, welches für Frauen erhältlich war, war mir einfach zu viel. Meine lieben Kolleginnen, welche mehr Tage krank als anwesend waren, rochen meistens nach Vanille oder Erdbeere. Aber dann nicht nur leicht, sondern richtig aufdringlich, wenn man bedenkt, dass sie danach die Parfümflasche noch über sich ausleerten. Deshalb orientierte ich mich in diesem Bereich immer in der Männerabteilung, immerhin war dort auch alles billiger.

Ich stellte das Wasser aus und öffnete die Dusche. Meine Füße traten auf einen weichen flauschigen Teppich, das Wasser tropfte von meinen Haare auf den dunklen Fliesenboden und hinterließen kleine Muster.

Ich schnappte mir ein Handtuch aus dem kleinen Schrank links neben dem Waschbecken und rieb vorsichtig meine Haare damit trocken. Ich beugte mich zum Spiegel und versuchte die Wunde am Kopf zu entdecken. Dafür strich ich vorsichtig die Haare von meiner Stirn und tastete mich an den Schmerz heran. Auf den ersten Blick konnte ich allerdings nicht viel erkennen.

"Wie kann das sein?"

Mein Blick wanderte an meinem Körper hinab und ich suchte nun meinen ganzen Körper ab. Ein paar blassblaue Flecken waren zu sehen und ebenfalls die Wunde an meinem Bein. Ich setzte mich auf den Teppich um die Wunde besser und näher betrachten zu können. Mit ungläubigem Blick sah ich dabei zu, wie sie sich immer mehr ganz schloss. Ich blinzelte mehrmals und wollte meinen Blick klären, doch ich sah es wirklich. Jeder normale Mensch wäre nach einem Überfall nicht mal nach Hause gekommen, geschweige denn, davor zurück in den Club.

Das Klingeln meines Handys riss mich aus meiner Trance und ich stand auf, um es zu suchen. Ich hatte es vor der Arbeit zu Hause vergessen und fand es jetzt im Wohnzimmer zwischen der Sofaritze. Ich sah, dass es mein Chef war und verdrehte genervt meine Augen.

„Ja?“ fragte ich.

„Kayla?! Bist du dran? Wo bist du??" hörte ich eine laut atmende Stimme.

„Dir auch einen schönen Guten Morgen", sagte ich.

„Kayla! Das ganze Amethyst ist die reinste Katastrophe. Die ganze Bar wurde komplett zertrümmert und die Kasse fehlt mit dem ganzen Geld!“ hörte ich die Stimme von Ryan.

Sollte ich unbeteiligt wirken? Oder eher so als würde ich wissen, was passiert war?

„Ich muss alles erst einmal geschlossen lassen! Was denkst du, was ich für ein Minus mache? Weißt du was passiert ist? Hast du auch richtig abgesperrt als du gegangen bist?", hörte ich seine immer schneller werdenden Worte durch das Handy sprudeln.

"Wenn du mich auch mal zu Wort kommen lassen würdest, hätte ich dir schon längst sagen können, was passiert ist. Nämlich nichts!"antwortete ich.

„Bist du dir auch ganz ganz sicher?", fragte Ryan unsicher.

„Ryan, ich habe gestern den Müll nach draußen gebracht und ganz normal, wie immer alles verschlossen. Wie das mit der Kasse passiert ist, kann ich dir auch nicht sagen!", erklärte ich sicher. Ich stellte mein Handy auf laut und legte es am Waschbecken ab.

Ich schnappte mir einen Haargummi und machte mir vorsichtig einen Zopf. Ich hörte das unverständliche Murmeln von Ryan. Ich nahm mein Handy und ging Richtung Schlafzimmer, dort warf ich es auf's Bett und öffnete meinen Kleiderschrank. Nachdem ich mir einen Überblick verschafft hatte, suchte ich mir schnell passende Kleidung aus, die nicht zu sehr auf meiner Haut drückte. Ich entschied mich für eine Leggings und einen weiten schwarzen Pulli, der locker saß.

„Ryan? Bist du noch dran?" Weiteres Gemurmel und Grummeln antwortete mir. Ich suchte mir schnell Socken aus der Schublade und Unterwäsche.

„Ryan! Wenn du nichts mehr zu sagen hast, dann lege ich jetzt auf, ich hatte eine lange Nacht und noch keine einzige Minute Ruhe, geschweige denn Schlaf". Anstatt das er sich auch nur einmal um mich kümmert, denkt er natürlich nur an sich, die Bar und das Geld.

„Weißt du Ryan, ohne mich hättest du schon längst dicht machen können, ich war gestern wieder allein, falls es dir noch nicht aufgefallen ist. Du solltest vielleicht mal neues Personal gegen altes Personal eintauschen, wenn du verstehst, was ich meine", murrte ich.

„Ich weiß doch..ich weiß doch aber so schnell lässt sich niemand finden und einem geschenkten Gaul, schaut man bekanntlich nicht ins Maul. Außerdem ist Cassidy zwischendurch ja eigentlich in Ordnung".

"Eigentlich?! Selbst wenn sie da ist, steht sie nur im Weg und trinkt mehr, als dass sie ausschenkt, geschweige denn, wie viel sie ausschenkt, ohne die Kunden zahlen zu lassen. Aber weißt du, gib dein Geld ruhig unnötig für solche Angestellten aus, du scheinst ja genug davon zu haben", schrie ich schon fast und legte auf.

Genervt schlurfte ich müde unter meine Bettdecke und schloss die Augen. Die Müdigkeit rollte wie ein Sturm über mich und ließ mich in meinen Traum versinken.

—————————————————————

Alles war schwarz um mich herum. Wo war ich? Orientierungslos drehte ich mich im Kreis und versuchte etwas zu erkennen. Doch hier war Nichts. In meinem Augenwinkel konnte ich den Blick auf etwas erhaschen. ich versuchte näher darauf zuzulaufen doch je mehr ich lief, desto weiter entfernte es sich. ich drehte mich um meine eigene Achse und sah plötzlich mir sehr bekannte Augen. Bitte nicht noch einmal diese Augen. Rot glühende Augen, die mich fixierten und tödlich im Blick hatten. Langsam machte ich ein paar Schritte nach hinten und versuchte nicht zu stolpern, als ich wie versteinert versuchte dem Blick stand zu halten. Nun fletschte es die Zähne und riss die Augen auf ich erschrak, kam aus meiner Trance, drehte mich um und rannte um mein Leben. Hinein in dieses Nichts. Niemand hier, der mir helfen würde. Plötzlich ertönte eine Stimme aus der Tiefe der Dunkelheit und zog mich magisch in seine Richtung.

"Komm zu mit, schnell!“

Ich schickte all meine Energie in meine Beine und versuchte einfach nur zu entkommen. Doch ich schaffte es nicht. Ich stolperte über einen kleinen Ast und mein Fuß verfing sich darin.

"Nein, nein, nein!!"

Eine starke Plote drückte meinen Körper in den Dreck, bevor ich auch nur die Chance hatte mich aufzurappeln. Ich warf einen Blick über meine Schulter und sah wie dieser grausame Wolf aus der Gasse sein Maul aufriss und seine Zähne bleckte. Er knurrte laut und kam mir mit seiner Schnauze immer näher, in meinem Kopf sprach nun eine andere Stimme.

"Du hättest schneller sein müssen!"

Und dann biss er in meine Kehle.

Laden Sie die App herunter, um die Belohnung zu erhalten
Scannen Sie den QR-Code, um die Hinovel-App herunterzuladen.